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1Motivation

Lineare Abbildungen sind spezielle Abbildungen zwischen Vektorräumen, die sich gut mit der Vektorraumstruktur vertragen. Sie sind eines der wichtigsten Konzepte der linearen Algebra und haben zahlreiche Anwendungen.

Motivation

Die Besonderheit linearer Abbildungen

Wir haben die Struktur der Vektorräume kennengelernt und verschiedene Eigenschaften von ihnen untersucht. Nun wollen wir Vektorräume nicht nur isoliert voneinander betrachten, sondern auch Abbildungen zwischen ihnen. Manche dieser Abbildungen vetragen sich gut mit der zugrundeliegenden Vektorraumstruktur und werden deswegen lineare Abbildungen oder Vektorraumhomomorphismen genannt.

Dass wir solche strukturerhaltenden Abbildungen untersuchen, ist eine typische Vorgehensweise der Algebra. Für viele algebraische Strukturen wie Gruppen, Ringe oder Körper untersucht die Algebra die dazugehörigen strukturerhaltenden Abbildungen zwischen den jeweiligen algebraischen Strukturen – Gruppenhomomorphismen, Ringhomomorphismen und Körperhomomorphismus. Bei Vektorräumen sind die strukturerhaltenden Abbildungen die linearen Abbildungen bzw. die Vektorraumhomomorphismen.

Seien also VV und WW zwei Vektorräume. Wann ist eine Abbildung f:VWf:V\to W strukturerhaltend bzw. verträgt sich gut mit den zugrundeliegenden Vektorraumstrukturen in VV und WW? Wiederholen wir hierzu, was die Vektorraumstruktur ausmacht: Vektorräume sind Strukturen, in denen zwei Operationen möglich sind:

Wiederholen wir hierzu, was die Vektorraumstruktur ausmacht: Vektorräume sind Strukturen, in denen zwei Operationen möglich sind:

  • Addition von Vektoren: Zwei Vektoren können miteinander addiert werden, wobei die Addition der Addition von Zahlen in ihren Eigenschaften ähnelt.

  • Skalare Multiplikation: Vektoren können mit einem Skalierungsfaktor aus einem Körper skaliert (gestaucht, gestreckt oder gespiegelt) werden.

Verträglichkeit der Addition

Beginnen wir mit der Addition von Vektoren: Wann verträgt sich eine Funktion f:VWf:V\to W mit den Additionen +V+_{_{V}} und +W+_{_{W}} auf den jeweiligen Vektorräumen VV und WW? Hier kann man folgende Hypothese aufstellen:

Eine Abbildung ist verträglich mit der Addition, wenn eine Summe durch die Abbildung erhalten bleibt. Wenn also v3=v1+Vv2v_{3}=v_{1}+_{_{V}}v_{2} im Vektorraum VV eine Summe ist, so bilden auch die Bilder von v1v_{1}, v2v_{2} und v3v_{3} im Vektorraum WW eine entsprechende Summe: f(v3)=f(v1)+Wf(v2)f(v_{3})=f(v_{1})+_{_{W}}f(v_{2})

Eine mit der Addition verträgliche Abbildung erfüllt somit für alle v1,v2,v3Vv_{1},v_{2},v_{3}\in V die Implikation:

Diese Implikation kann in einer Gleichung zusammengefasst werden, indem die Prämisse v3=v1+Vv2v_{3}=v_{1}+_{_{V}}v_{2} in die zweite Gleichung eingsetzt wird. Es soll also für alle v1,v2Vv_{1},v_{2}\in V gelten:

Diese Gleichung beschreibt die charakteristische Eigenschaft der linearen Abbildung, verträglich zur Vektoraddition zu sein. Wir können sie auch gut für Abbildungen R2R2\mathbb {R} ^{2}\to \mathbb {R} ^{2} visualisieren. Eine Abbildung verträgt sich genau dann mit der Addition, wenn das durch die Vektoren v1v_{1}, v2v_{2} und v3=v1+Vv2v_{3}=v_{1}+_{_{V}}v_{2} gegebene Dreieck im Definitionsbereich durch die Abbildung erhalten bleibt. Sprich: Auch die drei Vektoren f(v1)f(v_{1}), f(v2)f(v_{2}) und f(v3)=f(v1+Vv2)f(v_{3})=f(v_{1}+_{_{V}}v_{2}) bilden ein (Additions-)Dreieck:

Abbildungen sind verträglich mit der Addition, wenn sie Dreiecke durch sie erhalten bleiben

Wenn ff sich nicht mit der Addition verträgt, gibt es Vektoren v1v_{1} und v2v_{2} mit f(v1+Vv2)f(v1)+Wf(v2)f(v_{1}+_{_{V}}v_{2})\neq f(v_{1})+_{_{W}}f(v_{2}). Das durch v1v_{1}, v2v_{2} und v3=v1+Vv2v_{3}=v_{1}+_{_{V}}v_{2} erzeugte Dreieck bleibt dann nicht erhalten, weil die Dreiecksseite v1+Vv2v_{1}+_{_{V}}v_{2} des Ausgangsdreiecks nicht auf die Dreiecksseite f(v1)+Wf(v2)f(v_{1})+_{_{W}}f(v_{2}) des Zieldreiecks abgebildet wird:

Sind Abbildungen nicht verträglich mit der Addition, so bleibt mindestens ein Dreieck durch die Abbildung nicht erhalten.

Verträglichkeit mit der skalaren Multiplikation

Analog können wir uns überlegen, dass eine Abbildung f:VWf:V\to W genau dann verträglich mit der skalaren Multiplikation ist, wenn diese durch die Abbildung erhalten bleibt. Es sollte also für alle w,vVw,v\in V und für alle Skalare λK\lambda \in K gelten:

Beachte, dass λ\lambda ein Skalar und kein Vektor ist und damit nicht durch die betrachtete Funktion veändert wird. Damit wir in der obigen Implikation denselben Skalar verwenden können, müssen beide Vektorräume denselben zugrundeliegenden Körper haben. Sowohl der Definitionsbereich VV als auch der Wertebereich WW muss ein KK-Vektorraum sein.

Lineare Abbildungen erhalten also Skalierungen. Aus w=λvw=\lambda v folgt f(w)=λf(v)f(w)=\lambda f(v). Für den Fall, dass f(v)0f(v)\neq 0 ist, werden Geraden der Form {λv:λR}\{\lambda v:\lambda \in \mathbb {R} \} auf die Gerade {λf(v):λR}\{\lambda f(v):\lambda \in \mathbb {R} \} abgebildet. Obige Implikation kann in eine Gleichung zusammengefasst werden. Es soll also für alle vVv\in V und λK\lambda \in K gelten:

Für Abbildungen R2R2\mathbb {R} ^{2}\to \mathbb {R} ^{2} bedeutet dies, dass ein skalierter Vektoren λVv\lambda \cdot _{_{V}}v auf die entsprechende Skalierung λWf(w)\lambda \cdot _{_{W}}f(w) des Bildvektors abgebildet wird:

Lineare Abbildungen erhalten Skalierungen.

Wenn eine Abbildung nicht verträglich zur skalaren Multiplikation ist, so gibt es einen Vektor vv und einen Skalierungsfaktor λ\lambda, so dass f(λVv)λWf(w)f(\lambda \cdot _{_{V}}v)\neq \lambda \cdot _{_{W}}f(w) ist:

Abbildung bei der eine Skalierung nicht erhalten bleibt. Eine solche Abbildung ist keine lineare Abbildung.

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