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1. Potenzen und Polynome

Im einfachsten Fall entsteht eine Potenz, wenn du eine Zahl mehrfach mit sich selbst multiplizierst. Und ein Polynom entsteht, indem du Vielfache von Potenzen einer Variablen xx aufsummierst.

Potenzen und Potenzrechenregeln

DefinitionPotenz

Für eine reelle Zahl aRa \in \mathbb{R} und eine natürliche Zahl nNn \in \mathbb{N} ist die Potenz ana^n wie folgt definiert:

Rechengesetze

Für die so definierten Potenzen gelten die Potenzgesetze: Für beliebige Zahlen a,bRa,b\in \mathbb{R} und m,nNm,n\in\mathbb{N} gilt

Nummer

Formel

Beispiel

1.1

aman=am+na^m\cdot a^n = a^{m+n}

102104=104+2=10610^2\cdot 10^{4} = 10^{4+2}=10^6

1.2

ambm=(ab)ma^m\cdot b^m = (a\cdot b)^m

3565=(36)5=1853^5\cdot 6^5=(3\cdot 6)^5=18^5

1.3

(am)n=amn(a^m)^n = a^{m\cdot n}

(102)3=1023=106(10^2)^3=10^{2\cdot 3}=10^6

Rekursive Definition

Du kannst Potenzen auch rekursiv definieren (wieder ist aRa\in\mathbb{R} und nNn\in\mathbb{N}):

"Definition für den Computer"

Für dich als Informatiker ist diese Definition vielleicht angenehmer, weil sie sich unmittelbar in eine rekursive Funktion überführen lässt - hier in Pascal programmiert:

function Potenz(a: real; n: integer): real;
begin
    if n=1 then Potenz := a
    else Potenz := a*Potenz(a, n-1) 
end;

Die erste Definition überführst du dagegen in ein iteratives Programm:

function Potenz (a: real; n: integer): real;
var
    p: real;
    i: integer;
begin
    p := 1.0;
    for i := 1 to n do p := p*a;
    Potenz := p;
end;

Die "Definition" für den Computer ist sehr formal, der Computer benötigt immer eine eindeutige Berechnungsvorschrift. Die mathematische Definition ist auch formal, und in diesem Fall ist sie auch konstruktiv, denn sie sagt auch, wie die Potenz berechnet wird.

Rationale Exponenten - Brüche als Exponenten

Für eine positive Zahl aRa\in \mathbb{R} und nNn\in\mathbb{N} ist a1na^{\frac{1}{n}} diejenige positive Zahl bb, für die bn=ab^n = a gilt.

Für n=2n=2 bekommst du die übliche Wurzel (die Quadratwurzel). Entsprechend ist die nn-te Wurzel definiert durch

Diese Definition ist insofern sinnvoll, weil die Regel (1.3), die ursprünglich nur für natürliche Zahlen nn und mm galt, nun auch auf den Fall m=1/nm = 1/n ausgedehnt werden kann.

(1.3) führt somit direkt zu einer Definition von apqa^{\frac{p}{q}} mit positiver Zahl aa und p,qNp,q\in\mathbb{N}:

Negative Exponenten

Wenn du Regel (1.1) anwendest, findest du auch sinnvolle Definitionen für den Exponenten 0 und für negative Exponenten:

Daher muss a0=1a^0=1 sein.

Daher muss

sein.

Die Definition von ana^n für positives aa lässt sich auch auf beliebige reelle Exponenten (z.B. 2\sqrt{2}) erweitern. Die Potenzgesetze (1.1) bis (1.3) gelten weiterhin.

Polynome

Nun kennst du Potenzen. Als nächstes baust du daraus Polynome zusammen.

DefinitionPolynom

Ein Term der Form

heißt Polynom. Hier bei ist xx eine Variable. Die n+1n+1 reellen Zahlen aia_i heißen Koeffizienten.

Zunächst ist ein Polynom einfach nur ein formaler Term. Später kannst du ein Polynom PP auch als Polynomfunktion P(x)P(x) auffassen und auswerten, indem du für die Variable xx eine Zahl einsetzt.

Manchmal werden Polynome mit der höchsten Potenz zuerst geschrieben, manchmal mit der niedrigsten Potenz zuerst.

Beispiele für Polynome

  • 7x+3  =  7x1+3x07x + 3 ~~=~~ 7\cdot x^1 + 3\cdot x^0

  • 15x3+7,5x2+4  =  15x3+7,5x2+0x1+4x015x^3 + 7{,}5x^2 + 4 ~~=~~ 15\cdot x^3 + 7{,}5\cdot x^2 + 0\cdot x^1 + 4\cdot x^0

  • 5  =  5x05 ~~=~~ 5\cdot x^0

  • 0  =  0x00 ~~=~~ 0\cdot x^0 (das Nullpolynom)

Grad eines Polynoms

DefinitionGrad eines Polynoms

Der Grad eines Polynoms PP (in Zeichen: deg(P)\deg(P)) ist die höchste vorkommende Potenz von xx mit Koeffizient ungleich Null. Eine Ausnahme ist das Nullpolynom P=0P = 0, es hat keine Potenz mit Koeffizient ungleich 0, daher gilt von deg(0):=\deg(0) := -\infty ("minus unendlich").

Es gilt also für alle Polynome außer dem Nullpolynom:

wobei die Kleiner-Beziehung gilt, wenn an=0a_n = 0 ist, und die Gleichheit für an0a_n\neq0.

Für die Beispiele von eben gilt:

  • deg(7x+3) = 1\deg(7x + 3)~=~1

  • deg(15x3+7,5x2+4) = 3\deg(15x^3 + 7{,}5x^2 + 4)~=~3

  • deg(5) = 0\deg(5) ~=~ 0

  • deg(0) = \deg(0) ~=~ -\infty

Rechenregeln für den Grad eines Polynoms

Für Polynome PnP_n und PmP_m vom Grad nn bzw. vom Grad mm gilt

  • deg(PnPm) = deg(Pn)+deg(Pm) = n+m\deg(P_n\cdot P_m) ~=~ \deg(P_n) + \deg(P_m) ~=~ n + m

  • deg(Pn+Pm)  max{deg(Pn),deg(Pm)} = max{n,m}\deg(P_n+P_m) ~\leq~ \max\lbrace\deg(P_n),\deg(P_m)\rbrace ~=~\max\lbrace n,m\rbrace

Insbesondere für das Nullpolynom gelten diese Regeln ebenso:

  • deg(0Pm) = deg(0)+deg(Pm) = +m =  = deg(0)\deg(0\cdot P_m) ~=~ \deg(0) + \deg(P_m) ~=~ -\infty + m ~=~ -\infty ~=~ \deg(0)

  • deg(0+Pm) = max{deg(0),deg(Pm)} = max{,m} = m = deg(Pm)\deg(0+P_m) ~=~ \max\lbrace\deg(0),\deg(P_m)\rbrace ~=~ \max\lbrace -\infty,m\rbrace ~=~ m ~=~ deg(P_m)

Rechnen mit Polynomen

  • Addition von Polynomen: Du addierst die Koeffizienten gleicher Potenzen:

  • Multiplikation von Polynomen: Die Klammern werden ausmultipliziert:

    Division mit Rest gibt es auch. Die Division geht ganz analog zum schriftlichen Dividieren ganzer Zahlen.

Division mit Rest bei natürlichen Zahlen

Division mit Rest bei Polynomen

Zu zwei Zahlen n,mNn,m\in\mathbb{N}

Zu zwei Polynomen NN und MM mit Koeffizienten aus R\mathbb{R}

gibt es eindeutig bestimmte Zahlen q,rN0q,r\in\mathbb{N_0} mit r<mr<m,

gibt es eindeutig bestimmte Polynome Q,RQ,R mit Koeffizienten aus R\mathbb{R} mit deg(R)<deg(M)\deg(R)<\deg(M),

sodass n=qm+rn=q\cdot m + r gilt.

sodass N=QM+RN=Q\cdot M + R gilt.

Dann ist qq der Quotient und rr der Rest der ganzzahligen Division von nn durch mm.

Dann ist QQ der Quotient und RR der Rest der Polynomdivision von NN durch MM.

Spezialfälle

Wichtige Spezialfälle sind die Polynome von kleinem Grad.

Im Fall von deg(P)=1\deg(P)= 1 heißt PP linear, ist also von der Form P=ax+bP = a\cdot x + b. Lineare Polynome kommen in linearen Gleichungen von der Form

vor. Diese Gleichungen sind leicht zu lösen. Eine Lösung dieser Gleichung entspricht einer Nullstelle des Polynoms (siehe unten), wenn du es als Polynomfunktion P(x)P(x) auffasst.

Im Fall von deg(P)=2\deg(P)= 2 heißt das Polynom PP quadratisch, ist also von der Form

P=ax2+bx+cP = a\cdot x^2 + b\cdot x + c.

Dazu gehören die quadratischen Gleichungen (hier für a=1a=1)

mit den Lösungen

sofern p24qp^2\geq 4q (andernfalls sind die Lösungen komplexe Zahlen).

Nullstellen

Eine Nullstelle einer Funktion f(x)f(x) ist eine Zahl x0x_0, für die gilt f(x0)=0f(x_0) = 0. Wenn du also für die Variable xx die Zahl x0x_0 einsetzt und als Ergebnis 0 erhältst, dann ist die Zahl x0x_0 eine Nullstelle der Funktion ff.

Die Nullstellen x1x_1 und x2x_2 eines quadratischen Polynoms liefern eine Zerlegung in Linearfaktoren:

Entsprechendes gilt auch für Polynome höheren Grades:

Sei PP ein Polynom vom Grad nn und sei x1x_1 eine Nullstelle von PP (also P(x1)=0P(x_1)=0). Dann kannst du einen Linearfaktor xx1x-x_1 abspalten (durch Polynomdivision):

mit einem Polynom Q(x)Q(x) vom Grad n1n-1.

Das ist nützlich: Die Nullstellen von PP sind nun x1x_1 und die Nullstellen eines Polynoms QQ von kleinerem Grad, damit hast du das Problem also auf ein kleineres zurückgeführt.

Polynome sind eine wichtige Klassen von Funktionen. Sie dienen als Bausteine, um kompliziertere Funktionen anzunähern (Potenzreihe, Computergraphik, Bildverarbeitung).

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