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Warum Lagrange?

In diesem Artikel wird erklärt wozu wir den Lagrange-Formalismus benötigen.

In diesem Abschnitt werden wir den Lagrange-Formalismus kennenlernen, welcher die uns vertraute Newtonsche Mechanik auf beliebige Koordinaten verallgemeinert. Es ist eine weitere Formulierung der klassischen Mechanik, d.h. sie enthält keine neue Physik, ist aber zur Newtonschen Mechanik vollständig äquivalent und hilft uns dabei bestimmte physikalische Probleme einfacher zu lösen.

Der Lagrange-Formalismus findet zudem Anwendung in klassischen Feldtheorien und der Quantenmechanik / Quantenfeldtheorie, es lohnt sich also nicht nur für die klassische Mechanik sich damit zu beschäftigen.

Ausgangspunkt: Newtonsche Axiome

Von den Newtonschen Axiomen kennen wir die Bewegungsgleichungen (für konstante Massen)

Sie gelten in dieser Form jedoch nur für kartesische Koordinaten und in Inertialsystemen. Das kann unpraktisch sein, beispielsweise wenn die Koordinaten voneinander abhängig sind (also Zwangsbedingungen vorliegen) oder andere Koordinaten geschickter sind, um z.B. Symmetrien des Systems auszunutzen.

Natürlich kann man die Bewegungsgleichungen in andere Koordinaten transformieren, was jedoch sehr aufwändig sein kann. Wäre es nicht viel schöner die Bewegungsgleichungen direkt in anderen Koordinaten aufschreiben zu können? Genau das ermöglicht der Lagrange-Formalismus durch die Einführung sogenannter generalisierter Koordinaten, indem er die Newtonsche Mechanik auf beliebige Koordinaten verallgemeinert.

Beispiel: Ebenes Pendel in kartesischen Koordinaten

Als Beispiel wollen wir die Bewegungsgleichungen für ein Pendel aufstellen, welches unter dem Einfluss der Schwerkraft

in der xyxy-Ebene schwingt und im Koordinatenursprung aufgehängt ist (siehe Abb. 1). Dabei werden wir bewusst kartesische Koordinaten verwenden, um zu demonstrieren, wie die Wahl von Koordinaten den Lösungsweg beeinflusst.

Da die Länge des (masselosen!) Pendelfadens konstant ist, schränkt dieser die Bewegung ein durch die Bedingung

welche sich aus dem Satz des Pythagoras ergibt. Die Einhaltung dieser Zwangsbedingung wird sichergestellt durch die Zwangskraft Z\mathbf Z, welche entlang des Pendelfadens wirkt und ebenfalls in den Newtoschen Bewegungsgleichungen berücksichtigt werden muss

Wir erhalten dadurch zwei Differentialgleichungen, in denen die Komponenten der Zwangskraft als weitere Unbekannte neben den Koordinaten xx und yy des Pendels auftreten

Bild

Abb. 1: Skizze eines ebenen Pendels in drei Dimensionen. Die Aufhängung schränkt die Bewegung des Pendelkörpers auf eine Kreisbahn mit Radius LL in der xyxy-Ebene ein.

Als nächstes berechnen wir explizit die Zwangskräfte ZxZ_x und ZyZ_y. Dabei helfen uns geometrische Überlegungen. Ein Blick auf Abb. 1 zeigt, dass wir die Pendelkoordinaten xx und yy durch den Winkel φ\varphi zwischen dem Pendel und der y-Achse ausdrücken können

Zudem stehen die beiden Komponenten der Zwangskraft ZxZ_x und ZyZ_y im selben Verhältnis zueinander, wie xx und yy

Damit tritt nur noch eine Komponente der Zwangskraft als Unbekannte auf. Um diese zu berechnen schauen wir uns nochmals die Zwangsbedingung an

und differenzieren diese zwei Mal nach der Zeit. Daraus folgt die Gleichung

in die wir die beiden Bewegungsgleichungen einsetzen

Ein wenig Umstellen und Multiplikation mit yy ergibt

Damit können wir die Zwangskraft explizit berechnen

und in die obigen Bewegungsgleichungen einsetzen, sodass wir ein gekoppeltes Differentialgleichungssystem erhalten

Diese Differentialgleichungen sind nicht besonders angenehm zu lösen. Schon während ihrer Herleitung hatten wir geometrische Überlegungen und den Winkel φ\varphi ausgenutzt, es ist daher naheliegend φ\varphi auch zur Parametrisierung der Bewegungsgleichung zu verwenden. Dadurch lässt sich eine wesentlich einfachere Bewegunsgleichung für das Pendel aufstellen.

Darüber hinaus bietet die Lagrange-Mechanik die Möglichkeit, die Berechnung von Zwangskräften und damit einhergehende komplexe geometrische Überlegungen zu umgehen, und so den Lösungsweg zur Bestimmung der Bewegungsgleichungen weiter zu vereinfachen.

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