Der neuseeländische Physiker Ernest Rutherford begründete 1911 ein neues Atommodell, nach welchem ein Atom aus einem Kern und einer Hülle besteht. Dabei liegt fast die gesamte Masse im sehr kleinen Kern und in der Hülle befinden sich lediglich die Elektronen. Das Atom ist also zu großen Teilen „leer“. Herausgefunden hat Rutherford dies mithilfe seiner berühmten Streuversuche, die er mit Hans Geiger und Ernest Marsden ab 1909 durchführte. Dabei wurde eine extrem dünne Goldfolie mit Alpha-Teilchen (Helium-Kerne) bestrahlt und beobachtet, wohin sich die Teilchen nach dem Auftreffen auf die Folie bewegen.
Aufbau
Als Alpha-Teilchen-Quelle dient ein radioaktives Präparat (1). Umgeben ist die Strahlungsquelle von einer abschirmenden Ummantelung, sodass die Alpha-Teilchen nur in die gewünschte Richtung entweichen können (2). Der Teilchenstrahl (3) trifft dann am Punkt 6 auf die Goldfolie (5), welche nur einige Atomschichten dick ist. Um die Goldfolie befindet sich ein Leuchtschirm (4). Trifft auf ihn ein Alpha-Teilchen, wird dies durch ein Leuchten sichtbar. Auf diese Weise war es möglich festzustellen, was mit den Aplha-Teilchen geschieht, nachdem sie auf die Folien trafen.
Beobachtungen
fast alle Teilchen passieren die Goldfolien ungehindert
nur wenige Teilchen bewegen sich nach dem Auftreffen auf die Goldfolie in eine andere Richtung
sehr wenige Teilchen werden an der Folie zurückgeworfen
In der obigen Abbildung sind diese möglichen Teilchenwege dargestellt (7). Wie groß die Ablenkung der Alpha-Teilchen aufgrund der Goldfolie ist, wird durch den sogenannten Streuwinkel angegeben. Dies ist der Winkel zwischen der Ausbreitungsrichtung des Teilchens nach dem Passieren der Folie und der geraden Bahn, wenn die Folie nicht vorhanden wäre. Gehen die Teilchen ungehindert durch die Folie, ist ihr Streuwinkel also 0°, werden die Teilchen gerade zurückgeworfen, ist ihr Streuwinkel 180°.
größere Streuwinkel treten seltener auf
je größer der Streuwinkel, desto unwahrscheinlicher ist sein Vorkommen
Folgerungen
Zu dem Zeitpunkt der ersten Streuversuche galt das Atommodell von J. J. Thomson, nach welchem das Atom eine Kugel mit gleichmäßiger Massen- und Ladungsverteilung ist. Geht man von diesem Modell aus, können jedoch die Beobachtungen des Streuversuches nicht erklärt werden. Man könnte sich das Experiment dann vorstellen wie Bälle (Alpha-Teilchen), die auf eine Wand mit kleinen Löchern (Goldfolie) geschossen werden. Nur extrem selten würde eines der kleinen Löcher groß genug sein, dass ein Ball durch die Wand gelangen könnte, die meisten Bälle würden von der Wand zurückprallen.
Genau das Gegenteil konnte jedoch bei den Streuversuchen beobachtet werden. Das thomsonsche Atommodell konnte daher nicht zutreffen. Rutherford konnte schließlich aus der Verteilung der Streuwinkel berechnen, wie das Atom aufgebaut sein muss. Er kam zu dem Schluss, dass die Massen und die positive Ladung auf einen sehr kleinen Raum, den Atomkern, beschränkt sein müssen. Die eigentliche Größe des Atoms ist durch seine Hülle festgelegt. Diese ist jedoch fast leer, nur die extrem kleinen und leichten Elektronen befinden sich dort.
Die meisten Alpha-Teilchen fliegen also durch die fast leere Atomhülle und werden daher nicht abgelenkt. Sind sie jedoch nahe genug an einem Kern, werden sie abgestoßen, da sowohl Goldkern als auch die Alpha-Teilchen positiv geladen sind. Je näher sie an einem Kern vorbeifliegen, desto stärker werden sie ablenkt, d. h. desto größer ist ihr Streuwinkel. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Alpha-Teilchen zentral auf einen Goldkern trifft, ist aufgrund der kleinen Größe der Teilchen und der Kerne extrem gering. Dennoch kann dies geschehen, dann wird das Alpha-Teilchen zurückgeworfen.
Rutherfords Modell konnte seine Beobachtungen des Streuversuches so vollständig erklären. Somit wurde das thomsonsche Atommodell von dem Rutherfords abgelöst. Auch wenn Rutherfords Atommodell ebenso von einem neuen Atommodell abgelöst wurde, ist seither die Struktur des Atoms, dass es aus Kern und Hülle besteht, gleich geblieben.