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Zwangsbedingungen und ihre Folgen

Wie wir im einführenden Artikel gesehen haben, wird die Bewegung eines Pendels durch die konstante Länge des Fadens eingeschränkt. Wählen wir die Anfangsbedingungen geeignet, dann schwingt das Pendel in einer Ebene (ohne Auslenkung zur Seite). Doch obwohl diese Ebene zweidimensional ist, können wir die Bewegung des Pendels durch eine einzige Koordinate, beispielweise den Auslenkungswinkel, beschreiben und es verhält sich, als ob es ein eindimensionales System wäre.

Die konstante Länge des Pendels ist eine sogenannte Zwangsbedingung. Solche Zwangsbedingungen begegnen uns immer wieder, sei es dass sich ein Zug nur auf Schienen bewegen kann oder eine Perle nur entlang der Kette rutschen kann. In der Praxis sind es meist mechanische Vorrichtungen, die die Bewegung auf eine Fläche oder Kurve einschränken und Widerstand gegen das Verlassen dieser Fläche leisten, d.h. eine Zwangskraft ausüben.

Diese Zwangskräfte müssen beim Aufstellen der Bewegungsgleichungen mitberücksichtigt werden, damit die Lösungen auch auf der vorgeschrieben Fläche bzw. Kurve liegen. Die Bewegung des Systems kann dabei besonders effektiv durch sogenannte verallgemeinerte (oder generalisierte) Koordinaten beschrieben werden, so wie z.B. die Bewegung des ebenen Pendels durch den Auslenkungswinkel beschrieben werden kann.

Zwangsbedingungen

DefinitionDefinition von Zwangsbedingungen

Zwangsbedingungen sind Einschränkungen der Bewegungsfreiheit eines physikalischen Systems und lassen sich durch sogenannte Beschränkungsgleichungen mathematisch ausdrücken.

Ein Beispiel ist die Bewegung eines Massepunkts auf einer vordefinierten Fläche, dessen Position durch die Koordinaten xx, yy, und zz gegeben ist. Die Zwangsbedingung welche die Bewegung auf die Fläche einschränkt lässt sich ausdrücken als

In einem mechanischen System mit mehreren Massepunkten, können auch Beziehungen zwischen den Koordinaten einzelner Teilchen in die Zwangsbedingung eingehen, wenn diese z.B. untereinander verbunden sind.

Außerdem ist es möglich, dass die Zwangsbedingung explizit von der Zeit tt abhängt, z.B. bei einem Pendel, dessen Aufhängung sich bewegt. Und es können die Geschwindigkeiten der Teilchen in die Zwangsbedingungen eingehen, was zum Beispiel für die Rollbewegung ausgedehnter, starrer Körper eine Rolle spielt.

Klassifikation von Zwangsbedingungen

Holonome Zwangsbedingungen

Zwangsbedingungen heißen holonom, wenn sie sich durch eine Beschränkungsgleichung der Form f=0f = 0 ausdrücken lässt, wobei die Funktion ff nur von den Teilchenkoordinaten abhängt. So unterliegt im Allgemeinsten Fall ein System mit nn Massepunkten einem Satz von kk Beschränkungsgleichungen der Form

Entscheidend ist dabei das Gleichheitszeichen, wodurch die einzelnen Koordinaten abhängig voneinander werden und für kk Zwangsbedingungen nur 3nk3 n - k Koordinaten unabhängig / nötig zur Beschreibung des Systems sind.

Nicht-Holonome Zwangsbedingungen

Das Gegenteil von holonomen Zwangsbedingungen sind nicht-holonome Zwangsbedingungen, d.h. wenn die Änderungen der Koordinaten eine Rolle für die Beschränkung spielen, oder wenn anstelle einer Beschränkungsgleichung eine Ungleichung vorliegt.

Im ersten Fall treten dann zusätzlich die Ableitungen in der Beschränkungsgleichung auf

wie zum Beispiel bei einer Rollbewegung, wo der Rotationsfreiheitsgrad mit dem Translationsfreiheitsgrad gekoppelt ist. Im zweiten Fall lässt sich die Zwangsbedingung nur durch eine Ungleichung beschreiben, z.B. bei der Bewegung eines Teilchens innerhalb einer Kugelschale.

Zeitabhängigkeit von Zwangsbedingungen

Explizit zeitabhängige Zwangsbedingungen heißen rheonom. Das ist der Fall wenn sich beispielsweise die Aufhängung eines Pendels zeitabhängig bewegt. Zwangsbedingungen ohne explizite Zeitabhängigkeit nennt man dagegen skleronom. Im Weiteren werden der Einfachheit halber holonome, skleronome Systeme betrachtet, sofern nicht anders beschrieben.

Zwangskräfte

Zwangskräfte entstehen durch die Zwangsbedingung und sorgen für die Einschränkung der Bewegung eines physikalischen Systems. Sie stehen stets senkrecht auf den Flächen bzw. Kurven auf die das System eingeschränkt ist. Daher können sie das System nicht in Bewegung versetzen, d.h. auch keine Arbeit am System verrichten, was als Annahme durch das sogenannte d'Alembertsche Prinzip beschrieben wird und die Herleitung der korrekten Bewegungsgleichungen erlaubt.

Um die Zwangsbedingungen zu berücksichtigen, müssen neben den von außen einwirkenden, eingeprägten Kräften F(r)F(r) auch die Zwangskräfte F(r)F'(r) in die Bewegungsgleichungen eingehen, d.h. es gelten für ein nn-Teilchen-System die Newtonsche Bewegungsgleichung

Diese Gleichungen können nur dann sinnvoll verwendet werden, wenn die Zwangskräfte bekannt sind. Mithilfe des d'Alembertschen Prinzip lässt sich zeigen, dass die Zwangskräfte aus den Zwangsbedingungen berechnet werden können und die Form

haben, wobei die λk\lambda_{k} unbekannte, im Allgemeinen zeitabhängige Funktionen sind und den Betrag der Zwangskraft angeben. Um die Dynamik eines mechanischen Systems mit nn (d.h. 1in1 \leq i \leq n) Massepunkten und mm Zwangsbedingungen (d.h. 1km1 \leq k \leq m) zu beschreiben, stehen die 3n3n Bewegungsgleichungen und mm Beschränkungsgleichungen zur Verfügung, um die 3n3n Koordinaten aller Teilchen und die mm Parameter λk\lambda_k zu berechnen.

Verallgemeinerte Koordinaten

Zwangskräfte sind oft umständlich zu handhaben. Einen Ausweg bieten Generalisierte Koordinaten, welche bei geeigneter Wahl eine elegante Lösung zur Beschreibung mechanischer Systeme mit reduzierter Bewegungsfreiheit liefern. Da jede Zwangsbedingung der Form

erlaubt, jeweils eine Koordinate zu eliminieren, sind bei mm Zwangsbedingungen nur 3nm3n - m Koordinaten nötig, um die Lage aller Teilchen vollständig zu beschreiben. Zwangsbedingungen reduzieren also die Zahl der Freiheitsgrade des Systems.

Die überflüssigen Koordinaten müssen nicht noch umständlich eliminiert oder durch die Rechnung mitgeführt werden, wenn die Zwangsbedingungen gleich zu Beginn berücksichtigt werden, indem nur so viele Koordinaten betrachtet werden, wie nötig.

Zum Beispiel können bei einem Teilchen, das sich nur auf einer Schiene entlang der xx-Achse bewegen kann, die yy- und zz-Koordinaten außen vor bleiben. Die Wahl geeigneter generalisierter Koordinaten hängt dabei vor allem von der Geometrie und Symmetrien des Systems ab. So können nicht nur Positionen im Raum gewählt werden, sondern z.B. auch Winkel oder andere Parameter, welche die Lage gut beschreiben. Bei Mehr-Teilchen-Systemen sind oft die Abstände der Teilchen oder die Schwerpunktskoordinate hilfreich.

Für ein System mit nn Teilchen und mm Zwangsbedingungen werden 3nm3n - m generalisierte Koordinaten eingeführt, welche Funktionen entsprechen

die zusammen mit den Zwangsbedingungen ein Gleichungssystem ergeben, das nach den kartesischen Koordinaten

aller Teilchen aufgelöst werden kann.

Durch die Wahl geeigneter generalisierter Koordinaten werden die Zwangskräfte automatisch berücksichtigt, wenn die Bewegungsgleichungen im Rahmen des Lagrange oder Hamilton Formalismus aufgestellt werden.

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Quellen

    • Weizel, W. (1963). Lehrbuch der theoretischen Physik I. Berlin. Springer
    • Sommerfeld, A. (1968). Vorlesungen über theoretische Physik I. Leipzig. Geest & Portig K.-G.
    • Landau, L.D., Lifschitz E.M. (1997). Lehrbuch der theoretischen Physik I. Frankfurt a.M. Harri Deutsch.

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