Der Ablativus absolutus (Abl. abs.) ist eine Konstruktion, die im Lateinischen recht häufig verwendet wird.
Innerhalb eines lateinischen Satzes gibt ein Ablativus absolutus in sehr "kompakter" Form einen Umstand oder ein Geschehen an, das gleichzeitig oder vorzeitig zum Geschehen des Hauptsatzes ist.
Im Deutschen gibt es für den Ablativus absolutus meist keine unmittelbare Entsprechung;
es gibt jedoch eine Reihe verschiedener Übersetzungsmöglichkeiten.
Erscheinungsform ("Aussehen") eines Ablativus absolutus
Ein lateinischer Ablativus absolutus besteht in der Regel aus
einem im Ablativ stehenden Substantiv oder Pronomen,
und einem dazu gehörenden Partizip (das dann natürlich ebenfalls im Ablativ stehen muss).
Manchmal ist er durch weitere Bestandteile erweitert (Adjektive, Adverbien, unter Umständen auch Objekte), oft aber umfasst er tatsächlich nur zwei lateinische Wörter.
Das Partizip kann dabei entweder
ein Partizip Präsens Aktiv ("PPA"), oder
ein Partizip Perfekt Passiv ("PPP") sein.
(Ein Ablativus absolutus mit dem Partizip Futur Aktiv ("PFA") ist ungebräuchlich.)
Manchmal steht anstelle des Partizips auch ein weiteres Nomen oder ein Adjektiv.
Verwendung des Ablativus absolutus
Grundsätzlich gibt ein Ablativus absolutus einen Umstand oder ein Geschehen an, das
entweder gleichzeitig mit dem Ereignis, von dem im Hauptsatz berichtet wird, geschieht,
oder noch vor dem Ereignis, von dem der Hauptsatz berichtet, geschehen ist.
Der Ablativ drückt das "Subjekt" dieses Geschehens aus,
das Partizip steht für das "Prädikat" des Geschehens.
Ob das Geschehen aus dem Ablativus absolutus gleichzeitig mit dem, was im Hauptsatz berichtet wird, abläuft, oder schon davor passiert ist, erkennt man daran, welche Art von Partizip im Ablativus absolutus steht:
Partizip | Zeitverhältnis |
---|---|
PPA (Partizip Präsens Aktiv) | Gleichzeitigkeit Das Geschehen des Ablativus absolutus läuft gleichzeitig mit der Handlung des Hauptsatzes ab. |
PPP (Partizip Perfekt Passiv) | Vorzeitigkeit Das Geschehen des Ablativus absolutus ist vor der Handlung des Hauptsatzes abgelaufen. |
Übersetzung eines Ablativus absolutus ins Deutsche
Wörtliche Übersetzung
Eine ganz genaue wörtliche Entsprechung im Deutschen zu finden ist natürlich schon allein deshalb problematisch, weil es im Deutschen ja keinen Ablativ gibt.
Normalerweise versteht man den Ablativ als Antwort auf die Frage "Womit, Wodurch?". Aber auch damit sind wörtliche Entsprechungen für den Ablativus absolutus im Deutschen
entweder seltene Ausnahmen
oder sehr unbeholfene deutsche Formulierungen.
Mögliche Sinnrichtungen eines Ablativus absolutus
Im lateinischen Text stehen bei einem Ablativus absolutus keine Wörter wie "weil", "obwohl", "trotz", "falls" oder ähnliches, aus denen man erkennen könnte, warum das Geschehen aus dem Ablativus absolutus an dieser Stelle erwähnt wird.
Aus dem inhaltlichen Zusammenhang lässt sich jedoch im Normalfall erschließen, welche Sinnrichtung der Ablativus absolutus in dem betreffenden Satz hat.
Solche möglichen Sinnrichtungen sind
temporal (Zeitangabe)
kausal (Begründung)
konzessiv (Einräumung, Zugeständnis)
adversativ (Gegenüberstellung, Gegensatz)
konditional (Bedingung)
modal (Art und Weise)
Nicht immer ist die Sinnrichtung eindeutig festgelegt. Manchmal sind auch mehrere Interpretationen möglich.
Übersetzung mit einem Nebensatz
Häufig gibt man den Ablativus absolutus bei der Übersetzung ins Deutsche mit einem Nebensatz wieder.
Dieser Nebensatz darf und sollte je nach Sinnrichtung des betreffenden Ablativus absolutus mit einer geeigneten Konjunktion ("während", "nachdem", "weil", "obwohl" oder ähnliches) eingeleitet werden.
Sinnrichtung | geeignete Konjunktion |
---|---|
temporal (Zeitangabe) | "als"; bei Gleichzeitigkeit: "während" bei Vorzeitigkeit: "nachdem" |
kausal (Begründung) | "weil" |
konzessiv (Einräumung. Zugeständnis) | "obwohl", "obgleich" |
adversativ (Gegenüberstellung) | "während", "wohingegen" |
kondizional (Bedingung) | "wenn", "falls" |
modal (Art und Weise) | "indem", "dadurch, dass" |
Übersetzung mit einem Präpositionalausdruck
Statt eines Nebensatzes kann man bei der Übersetzung ins Deutsche oft auch einen geeigneten Präpositionalausdruck (= Nomen + Präposition davor) verwenden.
Auch bei einer Übersetzung mit einem Präpositionalausdruck kann man die Sinnrichtung des Ablativus absolutus zum Ausdruck bringen; dies geschieht durch die Wahl einer geeigneten Präposition.
Die folgende Tabelle gibt einige Beispiele:
Sinnrichtung | geeignete Präposition |
---|---|
temporal (Zeitangabe) | bei Gleichzeitigkeit: "bei", "mit" bei Nachzeitigkeit: "nach" |
kausal (Begründung) | '"wegen", "aufgrund" |
konzessiv (Einräumung. Zugeständnis) | "trotz" |
Je nach Zusammenhang sollte man aus dem Sprachgefühl heraus eine passende deutsche Wendung suchen.
Übersetzung mit Beiordnung
Wenn man freier übersetzt, ist es manchmal auch möglich und sinnvoll, den Ablativus absolutus mit einem eigenen, beigeordneten Satz wiederzugeben anstatt mit einem Nebensatz.
Bei der Übersetzung ins Deutsche entstehen dann zwei Teilsätze; in dem einen der beiden Teilsätze steht der Inhalt des Ablativus absolutus, im anderen steht der Inhalt des Hauptsatzes.
Die beiden Teilsätze sind verbunden mit "und", (oder genauer: mit "und" + einem weiteren Wort, das die Sinnrichtung berücksichtigt).
Auch bei der Übersetzung mit Beiordnung soll natürlich die Sinnrichtung des Ablativus absolutus zum Ausdruck gebracht werden.
Je nach Sinnrichtung wählt man daher eine geeignete Satzverbindung, zu der man das "und" zwischen den beiden Teilsätzen ergänzt.
Die folgende Tabelle gibt einige Beispiele:
Sinnrichtung | geeignete Satzverbindung |
---|---|
temporal (Zeitangabe) | bei Gleichzeitigkeit: "und währenddessen", "und gleichzeitig" bei Vorzeitigkeit: "und danach", "und dann" |
kausal (Begründung) | "und deshalb", "und deswegen" |
konzessiv (Einräumung) | "und dennoch", "und trotzdem" |
Der Ablativus absolutus in der Satzstruktur
Wichtig ist, dass der Ablativus absolutus vom restlichen Satz "losgelöst" (lateinisch: "absolutus") ist, das heißt: