Die Weimarer Klassik (um 1785-1830) ist eine wichtige Epoche in der Literaturgeschichte.
Die Epoche orientierte sich an klassischen antiken Dichtern. Wir verraten dir, was die Weimarer Klassik genau ist, und welche Merkmale sie auszeichnen.
Weimarer Klassik - die Epoche kurz vorgestellt
Historischer Hintergrund
Die Epoche der Weimarer Klassik war von politischen Umstürzen gekennzeichnet. Ein erstes prägendes Ereignis für die Epoche war die Französische Revolution im Jahr 1789. Aus diesem Grund waren die Ideale Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit von großer Bedeutung für die Vertreter der Klassik.
Gleichzeitig mussten diese aber auch feststellen, dass die französische Republik sich schnell in das gewaltsame Regime der Jakobiner unter Robespierre verwandelte.
Die Vertreter der Weimarer Klassik empfanden große Enttäuschung über die von Gewalt und Krieg geprägte Entwicklung der Französischen Revolution und dem daraus resultierenden Regime, weswegen sie nicht an den politischen Umwälzungen beteiligt waren bzw. diese auch nicht unterstützten.
Das Weltbild der Weimarer Klassik: Rückbesinnung auf die Antike
Die Weimarer Klassik folgte unmittelbar auf eine Zeit mit zwei gegensätzlichen Anschauungen bzw. Literaturströmungen: Die vernunftbetonte Aufklärung (1720 – 1800) und die gefühlsbetonte Strömung des Sturm und Drang (1765 – 1785). In der Weimarer Klassik laufen beide Denkweisen zusammen. Zum einen griff die Weimarer Klassik die wichtigen Werte der Aufklärung, wie die Vernunft, den Humanismus und die Toleranz, auf. Zum anderen wurden aber auch Werte des Sturm und Drang übernommen, wie zum Beispiel der Individualismus. Goethe und Schiller waren noch als junge Männer selbst Teil dieser rebellischen Jugendbewegung gewesen. Später kehrten sie sich aber von ihren alten Idealen ab und wandten sich neuen Maßstäben zu.
Wo die Stürmer und Dränger gegen ihre Vätergeneration rebelliert und die Entfaltung des Individuums in den Mittelpunkt gestellt hatten, orientierte sich die Klassik an antiken Vorbildern. Aus der Sicht des 18. Jahrhunderts galt die Antike als Zeit der Harmonie und Ausgewogenheit. Die Schriftsteller der Weimarer Klassik strebten nach Humanität und Vollkommenheit. So sollte auch eine Harmonie zwischen Verstand und Gefühl, also den Idealen von Aufklärung und Sturm und Drang, hergestellt werden.
Menschenbild der Klassik: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!"
Das Menschenbild der Weimarer Klassik lässt sich unter einen Schlüsselbegriff fassen: die schöne Seele. Die Idee des Menschenbildes in der Klassik war, dass der Mensch an sich schön und gut sei. Neben Verstand und Gefühl wurde dem Menschen die Sittlichkeit zugeschrieben. In der Weimarer Klassik verfügt der ideale Mensch über einen ausgeglichenen Charakter, dessen Tugenden und Sinne im Gleichgewicht stehen. Sinnlichkeit meint hier das Wahrnehmen mit allen Sinnen. Tugendhaftes Verhalten kannst du dir als moralisch korrektes Handeln und Denken vorstellen. Wichtige moralische Werte der Zeit waren beispielsweise Toleranz und Humanität.
Motive und Themen der Weimarer Klassik
Die Literatur erfüllte in der Weimarer Klassik eine wichtige Funktion. Sie sollte die Menschen im Sinne der so genannten ästhetischen Erziehung und ganz im Sinne des antiken Vorbildes zu Menschlichkeit erziehen.
Die grundlegenden Themen und Motive in der klassischen Literatur sind:
Toleranz, Humanität und Vollkommenheit
Selbstbestimmung: Das Individuum soll eigene Entscheidungen treffen.
Streben nach Harmonie und Schönheit
Sprachliche Merkmale und Stilmittel
Bei der Analyse von klassischen Werken sollte man nicht nur die inhaltlichen, sondern auch die formalen Merkmale beachten. Denn auf formaler Ebene spiegelt sich ebenfalls das Hauptanliegen der Literaten dieser Zeit wider: das Streben nach Harmonie. Dementsprechend sollten Form und Inhalt zusammenpassen und eine harmonische Einheit bilden.
Die Weimarer Klassik kannst du an folgenden typischen Merkmalen und Stilmitteln erkennen:
eine einheitliche und geregelte Sprache
Symmetrie
formale Ordnung
Stichomythie: häufiger Redewechsel innerhalb eines Dramas
Sentenz: kurz formulierte, allgemein gültige Aussagen
Literatur der Weimarer Klassik
Die Dramatik war in der Epoche der Weimarer Klassik besonders beliebt. Aber es entstanden auch viele Schriften und Werke der Lyrik und Epik. Wesentliche Merkmale der Literatur der Weimarer Klassik waren eine einheitliche, klare Sprache und Symmetrie, die sowohl inhaltliche als auch formale Harmonie und Ordnung ausstrahlte.
Dramatik
Die Dramatik war die beliebteste literarische Gattung der Weimarer Klassik und zeichnete sich auch durch fünf typische Merkmale aus. Dazu gehören:
Sentenz: Kurz formulierte, allgemein gültige Aussagen
Stichomythie: Häufiger Redewechsel innerhalb eines Dramas
Blankvers: Eine Verszeile, die ungereimt ist und einen fünfhebigen Jambus aufweist
Kausalität: Jede Szene baut auf der vorhergehenden Szene auf
Katharsis: Läuterung der Seele von Leidenschaften als Wirkung der Tragödie
Ebenfalls typisch für die Klassik ist der sogenannte Historismus, also der Rückgriff auf die Geschichte. So verewigte zum Beispiel Schiller bedeutende historische Persönlichkeiten, wie die schottische Königin Maria Stuart ("Maria Stuart”, 1800) oder den Schweizer Freiheitskämpfer Wilhelm Tell ("Wilhelm Tell, 1804) in seinen Dramen.
Lyrik
Die Lyrik in der Weimarer Klassik orientierte sich ebenfalls stark an Stil und Gestaltung der Antike und folgte sehr strengen formalen Kriterien.
Eine gehobene, teils übertrieben feierliche Sprache ist das zentrale Merkmal klassischer Lyrik. Besonders beliebt waren Ode und Ballade, aber auch Hymnen und Sonette kamen zum Ausdruck.
Epik
Die Epik war in der Weimarer Klassik im Vergleich zur klassischen Lyrik sehr frei und ungeregelt. Ein Beispiel klassischer Epik ist der Bildungsroman "Die Wahlverwandtschaften" aus dem Jahr 1809 von Johann Wolfgang von Goethe.
Beispiele für Autoren und Texte
Friedrich Schiller (1759-1805), z.B "Der Handschuh" (1797), "Maria Stuart" (1800) und "Wilhelm Tell" (1804)
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), z.B. "Die Wahlverwandtschaften" (1809), "Wilhelm Meisters Lehrjahre" (1795/96), "Wilhelm Meisters Wanderjahre" (1829) und "Der Zauberlehrling" (1797)
Johann Gottfried Herder (1744-1903), z.B. "Edward" (1774)
Christoph Martin Wieland (1733-1813), z.B. "Geschichte des Agathon" (1766/67)
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Quellen
- Abbildung Goethe-Schiller-Denkmal
- Abbildung Ölgemälde
- Abi.unicum: https://abi.unicum.de/epochen/weimarer-klassik
- Zumbusch, Cornelia: Weimarer Klassik. Eine Einführung, 2019.