Die Romantik (um 1795-1845) ist eine wichtige Epoche in der Literaturgeschichte.
In dieser Epoche spielten Gefühle und Träume eine große Rolle. Wir verraten dir, was die Romantik genau ist, und welche Merkmale sie auszeichnen.
Romantik - Die Epoche kurz vorgestellt
Historischer Hintergrund
Die Epoche der Romantik war geprägt von der Französischen Revolution (1789–1799) und ihren Nachwirkungen. Daneben kam auch noch die Industrialisierung in Schwung. Das Leben der Menschen änderte sich zu dieser Zeit sehr schnell und stark.
Die aufklärerischen Ideen der Revolution prägten die Bürger, die nicht mehr von dem herrschenden Adel unterworfen werden wollten. Das Bürgertum wurde selbstbewusster und verlangte Mitspracherecht in der Politik.
Kurzzeitig wurden ihre Wünsche mit der Gründung des Rheinbunds im Jahr 1806 durch Frankreichs Kaiser Napoleon, der das Heilige Römische Reich nach seiner Eroberung aufgelöst hatte, erfüllt. Der Rheinbund war ein loser Zusammenschluss deutscher Staaten, der es aber ermöglichte, einheitliche Reformen einzuführen. In Preußen wurden dadurch modernisierende Reformen wie die Gewerbefreiheit, die Emanzipation der Juden, die Bildungsreform und die Bauernbefreiung durchgeführt.
All diese Reformen wurden zerstört, als Napoleon in Folge der Befreiungskriege (1813 bis 1815) in Waterloo geschlagen wurde und der Wiener Kongress 1815 beschloss, in Europa wieder die alte Ordnung, die vor der Französischen Revolution geherrscht hatte, herzustellen. Sämtliche erlangten demokratischen Rechte und Freiheiten wurden den Leuten dadurch wieder genommen und sie mussten sich erneut einem adligen Alleinherrscher unterwerfen.
Die drei Phasen der Romantik
Als Literaturepoche der Romantik wird die Zeit von ca. 1795 bis 1845 angesehen. Die Literaturwissenschaft unterscheidet drei Phasen, die Frühromantik, die Hochromantik und die Spätromantik.
Frühromantik / "Jenaer Romantik" (1795-1804)
Die erste Phase der Romantik ist die Frühromantik. Sie wird auch als "Jenaer Romantik" bezeichnet, weil die Universitätsstadt Jena damals als das geistige Zentrum Europas galt. Bedeutende Geisteswissenschaftler/-innen wirkten dort zusammen und entwickelten das romantische Weltbild. Das war zunächst eine theoretische Arbeit, in der es darum ging, die neuen Lebenseinstellungen und Ansichten der Romantik aufzubauen. Thematisch fand in der Frühromantik eine Auseinandersetzung mit der Französischen Revolution und der deutschen Klassik statt, von der sich die Vertreter und Vertreterinnen der Romantik abgrenzen wollten.
Ein wichtiger Autor dieser frühen Phase der Romantik-Epoche war der Dichter Friedrich von Hardenberg, der vor allem unter dem Pseudonym "Novalis" bekannt war.
Hochromantik / "Heidelberger Romantik" (1804-1815)
In der Hochromantik lag das Zentrum in Heidelberg. Aus diesem Grund findest du für die Hochromantik auch die Bezeichnung "Heidelberger Romantik". Historisch geprägt war diese Phase der Romantik vor allem von den Koalitionskriegen gegen Napoleon. Das daraus resultierende kriegerische Leid führte dazu, dass die Menschen in Europa ihre Identität hinterfragten und nach einer eigenen kulturellen Identität strebten. Sie suchten nach einem Nationalgefühl, mit dem sie sich identifizieren konnten. Das äußerte sich in der Hinwendung zu nationalen Traditionen sowie einem starken Interesse an Volkspoesie, Volksmärchen und Fabeln.
Zwei wichtige Vertreter dieser Phase sind dir wahrscheinlich schon seit deiner Kindheit bekannt: die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Ihre Sammlung von Volksmärchen, auch bekannt als "Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm" sind noch heute weltberühmt. In den typischen Märchen-Merkmalen kannst du deutlich die Gedankenwelt der Hochromantik erkennen.
Spätromantik / "Berliner Romantik" (1816-1840)
Die Spätromantik hatte ihr Zentrum in Berlin, weshalb sie auch als "Berliner Romantik" bezeichnet wird. Inhaltlich schloss die Spätromantik an die Früh- und Hochromantik an, fokussierte sich aber vor allem auf die Mystik und das Unheimliche. In dieser Zeit entstand eine Unterströmung der Romantik, die diese Hinwendung zum Gruseligen und Geheimnisvollen widerspiegelt: die Schwarze Romantik (1816-1835). Sie betont die dunklen Seite der menschlichen Psyche und widmet sich menschlichen Ängsten, seelischen Abgründen, psychischen Krankheiten sowie den dunklen Seiten von Erotik und Sexualität. Vorbild für diese Strömung war der englische Schauerroman, die sogenannte Gothic Novel. Aus ihm entwickelte sich die moderne Horrorliteratur des 19. Jahrhunderts. Ein wichtiger Autor der Spätromantik war der Autor E. T. A. Hoffmann.
Themen der Romantik
Die Denkweise der Epoche spiegelt sich in bestimmten Themen und Merkmalen wider. Diese finden sich in sämtlichen Bereichen der Kunst und somit auch in der Literatur:
Weltflucht / Rückzug in Fantasie- und Traumwelten: Die Romantiker lehnten die gesellschaftlichen Entwicklungen ihrer Zeit bewusst ab. Sie hatten Angst vor dem Verlust von Geborgenheit und flüchteten sich in Melancholie und fantastische Welten, um sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzuziehen. Sie träumten sich in eine bessere Welt.
Hinwendung zur Natur: Die Romantiker sahen den Menschen als Teil der Natur. Fasziniert waren die Romantiker insbesondere von der Natur in ihrer wilden und ungebändigten Form, da sie den Gegenpol zur "Lebensfeindlichkeit" der Städte bildet.
Entdeckung des Unbewussten und Irrationalen: Die Romantiker hatten eine besondere Vorliebe für das Dunkle und Abgründige im Menschen. Der Schlaf und die Träume sind Möglichkeiten, den Geheimnissen der Seele auf den Grund zu gehen. Traum- und Fantasiewelten erschienen den Romantikern gleichermaßen unergründlich und unerschöpflich. Demgegenüber war die Wirklichkeit mit all ihren Begrenzungen abzulehnen.
Wiederentdeckung des Mittelalters: Die Romantiker entwickelten eine neue Haltung gegenüber dem Mittelalter, das bis dahin ein schlechtes Image hatte. Das von christlicher Mystik ebenso wie von Mythen und Sagen geprägte mittelalterliche Leben wurde verklärt. Es wurde als beste Zeit der Menschheitsgeschichte idealisiert.
Unstillbare Sehnsucht als Grundstimmung: Die Freiheit des Individuums spielte eine zentrale Rolle für die Romantiker. Eigene Wahrnehmungen und Empfindungen waren von hohem Wert. Das dichterische Ich stand im Zentrum ihrer Weltbetrachtung. Das Streben der Romantiker galt dem Verschmelzen von Sinneswahrnehmungen und Erkenntnisebenen.
Motive und Symbole der Romantik
Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen:
Blaue Blume: Die blaue Blume ist das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Zuerst wurde dieses Symbol von dem Dichter Novalis verwendet.
Spiegelmotiv: Im Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen – der Spiegel stellt eine Schnittschwelle zwischen Realität und Irrealität dar und stellt das eigene Ich in den Vordergrund. Ein bekanntes Werk der Romantik, in dem das Spiegelmotiv vorkommt, ist das weltbekannte Märchen Schneewittchen, in dem der Spiegel eine zentrale Rolle spielt.
Nachtmotiv: Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene.
Literatur der Romantik
In der Literatur der Romantik greift das Konzept der progressiven Universalpoesie. Sie sollte die vorherrschenden Schemata, die für ein bestimmtes literarisches Werk galten, sprengen und den Künstler oder die Künstlerin als freischaffendes Genie in seiner oder ihrer fantasievollen Schaffenskraft nicht einschränken. Grenzen zwischen den literarischen Gattungen Epik, Dramatik und Lyrik sollten verschwinden. Die Dramatik blieb in der Epoche der Romantik nur gering ausgeprägt, da ihr die Vermischung von Epik, Drama und Lyrik nur schwer umzusetzen war. Die vorherrschende literarische Gattung war die Lyrik. Anders als in anderen Epochen, wie beispielsweise dem Barock, folgen die literarischen Werke der Romantik keinem festgelegtem Schema. Im Vordergrund romantischer Dichtungen standen Stimmungen, Gefühle und Erlebnisse. Doch auch andere literarischen Gattungen und Textformen waren beliebt und sehr innovativ – der amerikanische Schriftsteller Edgar Allen Poe schuf mit "Metzengerstein" (1832) sogar eine neue Textform: die Kurzgeschichte.
Lyrik
Da es in der Romantik um subjektive Gefühlswelten ging, bevorzugten die Vertreter dieser Epoche vor allem die Lyrik. Aufgebaut wie ein Volkslied bestehen romantische Gedichte meist aus Strophen mit vier bis sechs Versen, die als Reimschema einen Kreuzreim aufweisen. Im Sinne der Universalpoesie bezogen die Autoren und Autorinnen in ihre lyrischen Werke außerdem epische, also erzählerische Elemente ein, um so die Grenzen zwischen den literarischen Gattungen zu sprengen. Die romantische Lyrik war geprägt von einer volksliedhaften Einfachheit.
Epik
Unter den epischen Literaturformen waren zur Zeit der Romantik vor allem die Novelle und das Kunstmärchen verbreitet. Außerdem waren bei den Autorinnen und Autoren Volksmärchen, Lieder und Briefe beliebt. Die Rückbesinnung auf das Mittelalter spielte für die Romantiker dabei eine wichtige Rolle. Die Volksdichtungen wurden dabei teilweise umgedichtet und in Sammlungen veröffentlicht, z. B. die Liedersammlung "Des Knaben Wunderhorn" (1805-1808) von Clemens Brentano oder die Märchensammlung "Kinder- und Hausmärchen" (1812-1858) der Gebrüder Grimm.
Eine besondere Rolle nahm auch der Roman ein. In der Frühromantik wurden meist Bildungs- und Entwicklungsromane geschrieben, z. B. Novalis' "Heinrich von Ofterdingen" (1802). Doch auch der romantische Roman verlor, ähnlich dem romantischen Drama, an Bedeutung, da eine zunehmende Vermischung mit Gedichten, Liedern, etc. stattfand. Während die romantische Erzählprosa mehr und mehr an Bedeutung verlor, wuchs das Interesse am, meist in trivialer Form auftretenden, Schauerroman.
Dramatik
Im Gegensatz zur Epik und vor allem zur Lyrik spielte das Drama in der Romantik eine eher unbedeutende Rolle. Der Grund dafür liegt in der Textsorte selbst: Das Drama folgt einem festen Aufbau nach klar vorgegebenen Regeln. Die von den Romantikern und Romantikerinnen angestrebte Universalpoesie, also die Vermischung verschiedener Textsorten, wurde dadurch erschwert.
Beispiele für Autoren und Texte
Joseph von Eichendorff (1788-1857), z.B. "Das Marmorbild" (1819) und "Aus dem Leben eines Taugenichts" (1826)
Georg Philipp Friedrich von Hardenberg alias Novalis (1772-1801), z.B. "Hymnen an die Nacht" (1799/1800) und "Heinrich von Ofterdingen" (1802)
Clemens Brentano (1778-1842), z.B. "Des Knaben Wunderhorn" (1805-1808)
E. T. A. Hoffmann (1776-1822), z.B. "Der Sandmann" (1816)
Jacob Grimm (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859): "Kinder- und Hausmärchen" (1812-1858)
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