1 Überblick
Der Kurs macht dich mit dem Fach Forensik vertraut und gibt dir einen ersten Überblick über Geschichte, Inhalte und Umfang von Forensik.
Du brauchst keine Vorkenntnisse.
Der Kurs dauert ca. 30 Minuten.

Die ersten von Herschel genommenen Finger- & Handabdrücke aus den Jahren 1859/60
Quelle: William James Herschel (1833-1917) - http://www.thamespilot.org.uk/asset_arena/image/2000/sl/sl/sl-sl-1526_herschelfprint-i-01-000.jpg
2 Definition von Forensik
Forensik ist ein Sammelbegriff für wissenschaftliche, handwerkliche und technische Arbeitsbereiche, in denen Sachverhalte dokumentiert, untersucht und begutachtet werden, die Gegenstand eines öffentlichen gerichtlichen Verfahrens sind und der Urteilsfindung dienen sollen. Der Begriff leitet sich vom lateinischen Forensis ab und bedeutet "zum Forum gehörig", einem Marktplatz, wo Gerichtsverhandlungen und Entscheidungen von allgemeinem Interesse öffentlich verhandelt wurden.

Gerichtsverhandlung: Richter, Ankläger und Prozessbeteiligte sitzen zu Gericht (Old Bailey in London, 19. Jahrhundert).
Quellen: Thomas Rowlandson and Augustus Pugin - Ackermann, Rudolph; Pyne, William Henry; Combe, William (1904) [1808] "Old Bailey" in The Microcosm of London: or, London in Miniature, Volume 2, London: Methuen and Company Retrieved on 9. Januar 2009.
"The Old Bailey, Known Also as the Central Criminal Court"; Gericht – Wikipedia; HKW | Forensis
3 Geschichte der Forensik
Schon im alten China untersuchten die Beamten dreimal jede Rechtsfrage, bevor sie ein Urteil fällten: "Die Strafe richtig bestimmen und die Gesetze im Licht zu zeigen." Doch noch war es ein langer Weg bis zum Verständnis der Forensik als gerichtliche Wissenschaft im heutigen Sinne. Diese Entwicklung verbindet sich eher mit der Wende des späten Mittelalters, der Renaissance, hin zur Neuzeit, und der Wiederentdeckung antiker (Natur-) Wissenschaften. Schritt für Schritt fanden nun wissenschaftliche Erkenntnisse zunehmend ihre praktische Anwendung in gerichtlichen Verhandlungen: "iustitia regnorum fundamentum" (Die Gerechtigkeit ist das Fundament der Herrschaft). Mit der zunehmenden Hinwendung der Forensik zur Kriminalwissenschaft setzte sich die Idee durch, dass ein Tatort wertvolle Informationen liefert, die zur Aufklärung von Kriminalfällen beitragen.
Altertum: Ähnlich wie bei anderen Wissenschaften kann man die Wurzeln der Forensik bis zu antiken Hochkulturen zurückverfolgen: Beispiele hierfür finden sich im alten Ägypten oder in Griechenland, wo staatlich bezahlte Ärzte Autopsien (Leichenschau) durchführten. Schon im antiken Rom war die gerichtsmedizinische Obduktion (Leichenschau) seit den Zwölftafelgesetzen (451/450 v. Chr.) vorgeschrieben.
Mittelalter: Forensische Praktiken verloren im frühen Mittelalter weitgehend an Bedeutung und wurden, auch und besonders unter dem Deckmantel religiöser Dogmen, nicht weiterentwickelt. Die Untersuchungen von Kriminalfällen und Prozessen waren überwiegend geprägt von unter Folter erzwungenen Geständnissen und Schilderungen von Zeugen.

Folter von Frau und Tochter eines Fuhrmanns in Mellingen Hans Ueli (1577) Abbildung aus der Wickiana (Sammlung des Johann Jakob Wick, Zentralbibliothek Zürich) Source: Dietegen Guggenbühl: Hexen. In: Sandoz-Bulletin 24 (1971)
Neuzeit: Ab dem 16. Jahrhundert begannen Mediziner in Europa, systematisch Informationen über Todesursachen zu sammeln. Im Zuge der Aufklärung setzte sich im 18. Jahrhundert wissenschaftliches Denken, und damit die Forensik, unaufhaltsam durch: Gerichtliche Untersuchungen von Kriminalfällen und Urteile gründeten sich mehr und mehr auf exakte und nachvollziehbare Beweisführung. Der Gebrauch von Folter zur Erzwingung von Geständnissen wurde immer weniger von den Gerichten zugelassen und Todesfälle weniger mit Hexerei und anderen übernatürlichen Ereignissen in Verbindung gebracht. Als einer der ersten Fälle, deren Aufklärung allein auf Beweismaterial beruht, gilt der Mordfall Edward Culshaw im Jahre 1794.
4 Inhalt der Forensik
Forensische Untersuchungen beinhalten die Suche, das Sichern und das Auswerten von naturwissenschaftlichen und anderen sichtbaren oder sichtbar zu machenden Spuren, die im Zusammenhang mit einem zu klärenden Sachverhalt, meistens einer Straftat, in einer gerichtlichen Verhandlung stehen. Das Ergebnis forensischer Untersuchungen ist der Beweis von Tatsachen, das in einem forensischen Gutachten dokumentiert wird. Das Gutachten ist ein wichtiges Mittel der richterlichen Überzeugung bei der Bewertung des fraglichen Sachverhalts, der einem Urteil zugrunde liegt: "Das Gericht muss zu einer über jeden vernünftigen Zweifel erhabenen Überzeugung kommen!" Die Forensik umfasst sowohl die Spurenkunde, als auch die Beweislehre.
Die Spurenkunde beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Tatort, also dem Ort oder Raum, wo eine Straftat unmittelbar oder mittelbar begangen wurde und Spuren davon zu finden sein könnten.

Spurensicherung an einem Tatort mit Kampfplatz und Schleifspuren, Hochschule für Kriminalisten, Berlin 1932
Die Beweislehre umfasst die systematische Vorlage von Beweisen, also von Tatsachen, zur Überzeugungsbildung des erkennenden Gerichts über einen fraglichen Sachverhalt durch die Beweismittel Zeuge, Sachverständiger, Urkunde und Augenschein.
5 Systematik der Forensik
Die Systematik der Forensik orientiert sich an allen wissenschaftlichen und technischen Aufgabenbereichen, die zur Aufklärung von Sachverhalten und zur Erforschung der Wahrheit beitragen, welche im Zusammenhang mit gerichtlichen Untersuchungen stehen.

Quelle: Forensik – Wikipedia
6 Warum Forensik?
Eine anthropologische Konstante für ein humanes Zusammenleben nennt sich Gerechtigkeit. In allen menschlichen Gemeinschaften wird versucht, Gerechtigkeit über ein System der Rechtsprechung zu erreichen. Auf diesem Weg hat sich Forensik zu einem überaus wichtigen wissenschaftlichen Instrument entwickelt. Forensik dient also dem öffentlichen Austausch über die Suche nach der Ordnung der Welt und der Stellung des Menschen in der Gesellschaft.
Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit