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Forensische Entomologie

Totengräber

Totengräber

Manchmal stoßen Rechtsmediziner bei der Bestimmung des Todeszeitpunkts an ihre Grenzen. Denn Totenflecken, Leichenstarre oder Körperkerntemperatur sind nur wenige Tage aussagekräftig und von Umweltfaktoren abhängig. Bei sommerlicher Hitze etwa kühlt eine Leiche nicht lehrbuchmäßig aus. Dann helfen forensische Entomologen. Sie untersuchen die Insekten an einer Leiche und liefern entscheidende Hinweise zu Mordermittlungen.

Denn die Entwicklungszyklen von Insekten liefern – sofern es nicht über längere Zeit klirrend kalt ist – bis zu zwei Monate solide Informationen über die Liegezeit eines Leichnams.

Hintergrund

Mit über einer Million beschriebener Arten sind Insekten nicht nur die größte Tiergruppe auf der Erde, sondern zeigen auch eine immense Vielfalt an Lebensformen. Jedes Substrat nutzen Insekten als Nahrungsmittel: "Ihr Lebensraum reicht von Pilzfruchtkörpern über Blütenköpfe und Totholz bis hin zu Leichen." 

Bestimmung des Todeszeitpunkt

Insekten sind nie weit, sobald es nach Tod riecht. Verletzungen und Verwesung nehmen sie mit ihren feinen Riechorganen auf große Distanzen wahr. Sogar beim Sterbeprozess sind sie schon oft im Anflug und besiedeln nach dem Tod den Leichnam. Nekrophage Insektenarten (Aasfresser), also solche, die sich am Leichnam entwickeln, können binnen weniger Minuten einen toten Körper orten und besiedeln. Durch diese Eigenschaft werden sie zu einem hilfreichen Instrument für die Eingrenzung der minimalen Leichenliegezeit.

Ortsbestimmung

Die Ortsbestimmung, also die für kriminalistische Ermittlungen wichtige Frage, ob es sich wirklich um den Tat- oder nur um den Fundort einer Leiche handelt, ist eine der Herausforderungen, mit der sich die Insektenexperten befassen: "Passt die Besiedelung zum Fundort? Oder finden sich Spuren eines fremden Ökosystems darin? Etwa eine Kellerassel aus dem Kofferraum eines Autos auf einer im Wald gefundenen Leiche?"

Für diese Fragestellung werden zum Beispiel vorgefundene Insekten inklusive Entwicklungsstadien herangezogen: "Viele Insektenarten bewohnen nur bestimmte Habitate oder Lebensräume. Befinden sich an einem Leichnam Insekten, die für die Umgebung am Fundort der Leiche untypisch sind, kann daraus gefolgert werden, dass der Leichnam zuvor von einem anderen Ort weg bewegt worden ist. Entsprechend können anhand der vorgefundenen Insekten auch die für sie typischen Umgebungsbedingungen bestimmt werden."

Nachweis von Stoffen

Auch die Frage, ob im Leichnam bestimmte Medikamente oder Gifte vorhanden waren, kann durch Untersuchungen von Insekten herausgefunden werden: Beim Fressen von Leichengewebe nehmen die Insekten auch deren Inhaltsstoffe in sich auf. Die toxikologische Analyse der vorgefundenen Insekten kann somit Informationen über im Leichnam vorhandene Medikamente oder Giftstoffe liefern. Dieser Arbeitsbereich wird auch als Entomotoxikologie bezeichnet. 

Bedeutende Einflussfaktoren

Die Entwicklung von Insekten wird insbesondere von folgenden Faktoren beeinflusst:

  • Temperatur

  • Feuchtigkeit

  • Geografie

Dabei haben sowohl das Wetter als auch der Liegeort einen maßgebenden Einfluss. So sind beim Wetter die Sonneneinstrahlung, die Feuchtigkeit und die Temperaturen entscheidend. Zudem kann der Fundort eines Leichnams zum Beispiel im Wasser, in oder außerhalb von Gebäuden, in ländlichen oder städtischen Gebieten, im Freien oder in Fahrzeugen oder an Bäumen aufgehängt verschiedene Folgen bei der Besiedlung durch Insekten haben. Entscheidend ist auch der Zustand eines Leichnams: "Beispielsweise werden verbrannte Leichname in anderer Art und Weise durch Insekten besiedelt."

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