1 Was ist die Industrialisierung?

Der Begriff „Industrialisierung“ erscheint im Deutschen erstmals im 20. Jahrhundert und leitet sich vom französischen Verb industrializé (etw. industrialisieren) ab.
Unter Industrialisierung wird der Prozess verstanden, in dem die Produktion aber auch die Gesellschaft gemäß der Industrie umgestaltet wird. Dabei ist die Industrialisierung, die oft mit der Modernisierung assoziiert wird, keine Repräsentation von einem historischen Ereignis, sondern sie stellt einen Grundbegriff dar, der historische Erkenntnisse strukturieren soll. Der Begriff „Industrialisierung" umfasst also eine Vielzahl von historischen Ereignissen und Prozessen, die aber alle miteinander zusammenhängen.
Die Industrialisierung bezeichnet demnach die grundlegenden technischen und wirtschaftlichen Wandlungsprozesse vom Agrarstaat zur Industriegesellschaft ab der Mitte des 18. Jahrhunderts. Diese Wandlungsprozesse setzten in England bereits im 18. Jahrhundert ein. Die bezeichnenden Charakteristika der Industrialisierung sind das Wirtschaftswachstum und die technologischen Errungenschaften zu der Zeit, die die Entwicklung vom Agrarstaat zu Industriegesellschaften befördern.
2 Industrialisierung - Industrielle Revolution
Die Begriffe "Industrialisierung" und "Industrielle Revolution" werden oft miteinander in Verbindung gebracht. Jedoch sollte man die Begriffe voneinander abgrenzen.
Die Industrielle Revolution stellt die erste Phase der Industrialisierung dar. Diese erste Phase der Industrialisierung umfasst ungefähr den Zeitraum zwischen 1750 und 1840. Der Begriff „Industrielle Revolution“ stellt den revolutionären Charakter der Veränderungen, d.h. den Bruch zwischen „alt“ und „neu“, in den Vordergrund. Die Industrialisierung hingegen beschreibt die lange andauernden wirtschaftlichen und technischen Prozesse vom Agrarstaat zu der Industriegesellschaft. Im Gegensatz zur Industriellen Revolution werden die wahrgenommenen Phänomene also nicht als eruptiv beschrieben, sondern als langfristige Prozesse.
Im Grunde befinden wir uns noch immer in der Industrialisierung, da ständig neues Wissen und somit auch neue Technologien und Möglichkeiten erfunden werden, die unsere Gesellschaft und unsere Lebensweise verändern.
3 Beginn der Industrialisierung

Dampfmaschine
Die Industrialisierung begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England. Denn dort wurden zahlreiche Erfindungen gemacht, die einen rasanten Produktionsanstieg ermöglichten. Wichtige Beispiele sind
die Spinnmaschine ("Spinning Jenny") aus dem Jahr 1764 und
die Dampfmaschine von James Watt (1769).
Die "Spinning Jenny" sorgte für einen Aufschwung der Textilindustrie. Statt Wasserkraft, Windkraft und Pferdekraft nutzte man nun Dampfmaschinen, mit denen man in den Fabriken die Maschinen antrieb und so viel mehr herstellen konnte als vorher.
Die Dampfmaschine änderte nicht nur viel in den Fabriken, sondern führte auch zu einer Revolutionierung des Verkehrswesens: Die erste Eisenbahn war eine Kombination aus Schienen, Rädern und der Dampfmaschine. Die Revolutionierung des Verkehrswesens wiederum führte auch zu Entwicklungen im Bergbau und in der Eisen- und Stahlindustrie: Die wachsende Nachfrage nach Maschinen sowie der Brücken-, Schienen- und Eisenbahnbau forderten zum einen die rasche Steigerung der Kohle- und Eisenerzförderung, zum anderen die rasche Entwicklung der Hütten- und Stahlindustrie. Grundlage dieser Entwicklungen waren die reichen Kohle- und Eisenerzlagerstätten in Mittelengland. Hier wurden auch die ersten Hochöfen des Landes errichtet. Das war wiederum die Grundlage für die Ansiedlung von Betrieben der metallverarbeitenden Industrie und des Maschinenbaus. Auf diese Weise entwickelten sich beispielsweise die Städte Birmingham und Sheffield zu den damals weltweit bedeutendsten Industriestandorten.
Ungefähr ab 1830 begann die Industrialisierung auch in den restlichen Ländern Europas, unter anderem in Deutschland. Der Rückstand gegenüber England konnte aber relativ schnell aufgeholt werden, weil die relevanten Erfindungen zu dieser Zeit bereits alle existierten. Mit verantwortlich für die Beschleunigung der Industrialisierung in Deutschland war die Gründung des Deutschen Zollvereins im Jahr 1834. Hinzu kam der stetige Ausbau des Eisenbahnnetzes, der ebenfalls ab ca. 1840 begann. Über das neue Schienennetz ließen sich Waren schneller transportieren. Die Zeit der Hochindustrialisierung begann dann im Kaiserreich ab 1870/71.
4 Urbanisierung
Während der Industrialisierung vergrößerten sich die Städte stark, da viele Menschen vom Land in die Stadt zogen. Diese Entwicklung nennt man auch Urbanisierung oder Landflucht.
Gründe für die Urbanisierung waren:
Arbeitsplätze in den neu entstandenen Fabriken in der Stadt
Weit verbreitete Armut in den ländlichen Gebieten
Aber in der Stadt trafen die Menschen auf andere Probleme. Zusätzlich zur Landflucht setzte um 1800 eine Bevölkerungsexplosion ein. Dadurch lebten auf einmal sehr viel mehr Menschen in den Städten und das sorgte dafür, dass die Städte in dieser Zeit sehr dicht besiedelt waren.
Die hohe Bevölkerungsdichte und die fehlenden Sanitäranlagen in den Wohnungen führten zu enormen hygienischen und sozialen Missständen. Große Teile in Europas Großstädten entwickelten sich sogar zu Slums.
5 Folgen der Industrialisierung
Die Folgen der Industrialisierung spürt man heute noch deutlich. Die Industrialisierung hinterlässt uns viele positive Auswirkungen:
Es gibt heute kaum noch Agrarstaaten in Europa, was mit einem Wohlstand Europas einhergeht. Das sieht man deutlich, wenn man den Wohlstand industrialisierter Staaten mit dem von Staaten, die noch heute zum Großteil Landwirtschaft betreiben, vergleicht.
Ein größeres Nahrungsangebot sowie medizinischer Fortschritt ließen die Bevölkerungszahl wachsen
Die Lebensumstände verbesserten sich durch die zahlreichen Erfindungen der Industrialisierung. Die technischen Erneuerungen machen das Leben einfacher und bequemer.
Aber es gibt auch immer eine Kehrseite der Medaille. Die raschen Veränderungen brachten auch eine Reihe von Problemen mit sich:
Die steigende Produktion führte dazu, dass viel mehr Energie und Rohstoffe verbraucht wurden.
Aufgrund medizinischer Verbesserungen sank zwar die Sterblichkeitsrate der Menschen, doch dies führte dazu, dass meist mehr Arbeiter als Arbeit zur Verfügung standen. Geringe Löhne und Massenarmut der arbeitenden Schichten waren die Folge und die Kluft zwischen Arm und Reich, von der man heute immer wieder hört, verschärfte sich seit der der Industrialisierung.
Die Fabriken und Maschinen der Industrialisierung führten zu einer zunehmenden Umweltverschmutzung, die globale Erwärmung ist als eine direkte Folge der Industrialisierung zu sehen