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Menge

Der Begriff der Menge ist eines der wichtigsten und grundlegendsten Konzepte der Mathematik. Das ist auch der Grund, warum er dir schon so frĂŒh im Studium begegnet. Doch was ist eine Menge?

Hierzu möchten wir die originale Definition von Georg Cantor, dem BegrĂŒnder der Mengenlehre, aus dem Jahr 1895 verwenden:

Cantors originale Mengendefinition

Georg Cantor, der BegrĂŒnder der Mengenlehre
DefinitionNaive Definition einer Menge von Cantor

„Unter einer ‚Menge‘ verstehen wir jede Zusammenfassung MM von bestimmten wohlunterschiedenen Obje[k]ten mm uns[e]rer Anschauung oder unseres Denkens (welche die ‚Elemente‘ von MM genannt werden) zu einem Ganzen.“[1]

Eine Menge ist also der Zusammenschluss von verschiedenen Objekten zu einem neuen Objekt, welches all die zusammengeschlossenen Objekte umfasst. Betrachte hierzu folgende Polygone:

Eine Beispielmenge mit Polynomen

Diese Polygone wurden zu einer Menge zusammengeschlossen, was durch die Ellipse angedeutet wird. Hier könnte man sich die Menge als eine Art „BehĂ€ltnis“ vorstellen, welche alle Polygone als Inhalt enthĂ€lt. Dieses Bild ist jedoch nicht ganz korrekt. Ein BehĂ€ltnis bleibt nĂ€mlich dasselbe, auch wenn man seinen Inhalt Ă€ndert. Dies ist bei Mengen anders: Diese Ă€ndern ihre IdentitĂ€t, wenn man neue Elemente hinzufĂŒgt oder bestehende entfernt.

Eine Beispielmenge von Polygonen
Dieselbe Menge als imaginÀre Box
Bessere Vorstellung: Menge als Inhalt einer imaginÀren Box

Eine Beispielmenge

Dieselbe Menge als imaginÀre Box

Bessere Vorstellung: Menge als Inhalt einer imaginÀren Box

Eine Menschenmenge in einem Stadion

Diese Vorstellung entspricht in etwa dem alltĂ€glichen Gebrauch des Begriffs „Menge“. Nimm den alltĂ€glichen Begriff einer „Menschenmenge in einem Stadion“ als anschauliches Beispiel: Eine Menschenmenge in einem Stadion.

Niemand wĂŒrde diese Menge mit dem Stadion, was in unserem Beispiel quasi das BehĂ€ltnis ist, gleichsetzen. Vielmehr entspricht die (Menschen-)Menge im Stadion der Zusammenfassung von allen Personen innerhalb des Stadions zu einem Ganzen. Diese Menge kann man dabei als „Inhalt des Stadions“ auffassen, wobei wir fĂŒr dieses Beispiel alle anderen GegenstĂ€nde innerhalb des Stadions nicht beachten. Wenn neue Personen das Stadion betreten oder verlassen, dann Ă€ndert sich auch die Menge der Leute im Stadion. Genauso verĂ€ndern Mengen in der Mathematik ihre IdentitĂ€t, wenn Elemente entfernt oder hinzugefĂŒgt werden.

Beachte, dass wir in diesem Beispiel mit der Menschenmenge im Stadion was anderes als die Anzahl der Leute im Stadion meinen. Unsere Menge Àndert sich, wenn beispielsweise eine Person das Stadion verlÀsst und danach eine andere Person das Stadion betritt. Genauso ist es auch in der Mathematik: Wenn du innerhalb einer Menge ein Objekt mit einem anderen austauscht, dann verÀnderst du die IdentitÀt dieser Menge. Ignoriere bitte auch UnzulÀnglichkeiten, die in diesem anschaulichen Beispiel aus mathematischer Sicht stecken. Beispielsweise haben wir nicht geklÀrt, was ein Mensch ist und was seine IdentitÀt ausmacht...

Anders als in der realen Welt, wo BehĂ€ltnisse und damit ihre Inhalte rĂ€umlich begrenzt sind, können Mengen beliebig groß sein und unendlich viele Elemente umfassen. Auch mĂŒssen ihre Elemente keine gemeinsamen Eigenschaften besitzen. Sie können sehr unterschiedlich sein.

Grundlegende Notationen fĂŒr Mengen

Zur Bezeichnung von Mengen werden in der Regel Großbuchstaben verwendet. Wenn die Elemente einer Menge selbst keine Mengen sind, nutzt man fĂŒr sie oft Kleinbuchstaben. Man schreibt x∈Mx\in M  – „xx ist ein Element von MM“, wenn xx eines der Objekte bezeichnet, das in der Menge MM enthalten ist. Ist dies nicht der Fall, schreibt man x∉Mx\notin M – „xx ist kein Element von MM “.

Textstelle mit der ersten Verwendung des Symbols ∈ {\displaystyle \in } \in .

Das Element-Symbol ∈\in wurde im Übrigen 1889 von Giuseppe Peano in seiner Arbeit Arithmetices principia nova methodo exposita eingefĂŒhrt. Es ist eine verĂ€nderte Darstellung des Anfangsbuchstaben Δ (Epsilon) vom griechischen Wort Î”ÏƒÏ„ÎŻ („estí“, was „ist“ bedeutet)[2].

Beispiele fĂŒr Mengen

Stelle dir folgende Ansammlung von Objekten vor:

Ansammlung der Objekte Gitarre, Spielkarte, Basketball, Buch, Trommel und Digitalkamera

Aus dieser Ansammlung können wir die vier Objekte Trommel, Spielkarte, Digitalkamera und Gitarre zu einer Menge zusammenfassen:

Zusammenfassung der Objekte Trommel, Spielkarte, Digitalkamera und Gitarre zu einer Menge

Wenn wir die gerade von uns gebildete Menge mit MM bezeichnen, so können wir aufschreiben:

Trommel∈M\text{Trommel}\in M

„Die Trommel ist ein Element der Menge MM.“

Buch∉M\text{Buch}\notin M

„Das Buch ist kein Element der Menge MM %%M%%.

Zahlenbereiche als Mengen

Auch Zahlenbereiche werden in der Mathematik als Mengen aufgefasst. So ist die Menge der natĂŒrlichen Zahlen die Zusammenfassung aller Zahlen 1,2,3,4, 
1{,}2,3{,}4,\ \ldots zu einer Menge. Diese Menge wird mit dem Buchstaben N\mathbb {N} mit (meistens links) doppelter Vertikalen notiert. Auch andere Zahlenbereiche werden als Mengen aufgefasst:

Zahlenbereich

Symbol

NatĂŒrliche Zahlen

N\mathbb{N}

Ganze Zahlen

Z\mathbb{Z}

Rationale Zahlen

Q\mathbb {Q}

Reelle Zahlen

R\mathbb {R}

Komplexe Zahlen

C\mathbb {C}

Die ExtensionalitÀt von Mengen

Die IdentitÀt einer Menge manifestiert sich allein dadurch, welche Objekte sie enthÀlt. Zwei Mengen sind nÀmlich genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente besitzen. Diese beiden Mengen sind dann ein- und dasselbe Objekt. So gibt es beispielsweise nur eine Menge, welche genau die Zahlen 11 und 22 enthÀlt.

Mehrere Mengen mit denselben Elementen kann es nicht geben.

Wenn es auch nur ein Objekt gibt, welches Element der einen Menge, aber nicht der anderen ist, dann sind beide Mengen verschieden. Diese Eigenschaft von Mengen wird ExtensionalitÀtsprinzip oder auch ExtensionalitÀtsaxiom genannt. Sie lÀsst sich wie folgt formalisieren:

DefinitionExtensionalitÀtsprinzip

FĂŒr zwei beliebige Mengen AA und BB gilt:

A=B:  âŸș  ∀x:(x∈A  âŸș  x∈B)A=B:\iff \forall x:(x\in A\iff x\in B)

Übersetzt bedeutet obige Formel:

A=B⏟A ist identisch zu B:  âŸș  ⏟ nach Definition genau dann, wenn ∀x:(x∈A  âŸș  x∈B)⏟fušr alle x gilt: x ist genau dann Element von A, wenn es Element von B ist und umgekehrt.\def\arraystretch{1.25} \begin{array}{c} \underbrace{A = B}_{A\text{ ist identisch zu }B} \\[2em] \underbrace{:\iff}_\text{ nach Definition genau dann, wenn } \\[2em] \underbrace{\forall x:(x\in A \iff x\in B)}_{\text{fĂŒr alle }x\text{ gilt: }x\text{ ist genau dann Element von }A\text{, wenn es Element von }B\text{ ist und umgekehrt.}} \end{array}

WĂŒrden wir Mengen, die ĂŒber unterschiedliche Eigenschaften definiert sind, als unterschiedlich betrachten (eine solche Mengenlehre wĂ€re intensional), wĂ€re sie fĂŒr die Mathematik nicht brauchbar. Wie aber aus dem obigen ExtensionalitĂ€tsprinzip hervorgeht, ist es fĂŒr die IdentitĂ€t einer Menge egal, wie sie gebildet wurde. Es ist nur wichtig zu wissen, welche Elemente sie umfasst.

Beispiel

In unserer Mengenlehre ist die Menge aller Lösungen der Gleichung x2=1x^{2}=1 identisch mit der Menge aller Lösungen der Gleichung ∣x∣=1|x|=1. Dies ist die Menge bestehend aus den Zahlen 11 und −1− 1 . In einer intensionalen Mengenlehre wĂ€re dies nicht zwangslĂ€ufig der Fall, da beide Mengen durch unterschiedliche Eigenschaften definiert sind.

Wozu braucht man Mengen in der Mathematik?

Mengen werden dir in allen Teilgebieten der Mathematik begegnen. Sie sind ein praktisches Hilfsmittel und mit ihnen können komplexe Sachverhalte kurz und prĂ€gnant ausgedrĂŒckt werden. Auch können mit Mengen neue Objekte konstruiert oder Konzepte modelliert werden. Beispielsweise nutzt die Topologie Mengen, um Nachbarschaftsbeziehungen auszudrĂŒcken und auch die in der Algebra studierten Strukturen wie Gruppen oder Körper werden als Mengen definiert.

Daneben ist die Mengenlehre selbst ein etabliertes Teilgebiet der Mathematik. Hier haben Mathematiker gezeigt, dass alle wesentlichen Konzepte der Mathematik allein mit Mengen modelliert werden können. Trotz des simplen Charakters ist der Mengenbegriff also sehr mĂ€chtig. So kann beispielsweise jede Zahl als ein komplexes Mengengebilde dargestellt werden[3]. Über die Mengenlehre können so Grundfragen der Mathematik beantwortet werden (eben weil man sich auf den Standpunkt stellen kann, alles in der Mathematik sei Menge)[4]. Beispielsweise besitzt die Mengenlehre Mittel, um fĂŒr eine Aussage zu beweisen, dass sie innerhalb eines gegebenen Axiomensystems weder beweisbar noch widerlegbar ist[5].

Wenn man sich die Einfachheit und die Bedeutung der Mengenlehre vor Augen hĂ€lt, dann wundert es schon ein wenig, dass die Mengenlehre eine fĂŒr die Mathematik recht junge Theorie ist.

Übungsaufgaben

Weitere Aufgaben zum Thema findest du im folgenden Aufgabenordner:
Aufgaben zur Mengenlehre


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