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Kurs

Simulation des Geschwister-Paradoxon

1 Überblick

Das Geschwisterparadoxon oder Junge-oder-MÀdchen-Problem ist eine spannende Fragestellung aus der Stochastik und wird ohne mathematische Simulation oder Berechnung meistens falsch gelöst.

In diesem Kurs lernst du Schritt fĂŒr Schritt, wie du ohne viel Vorwissen das Geschwisterparadoxon in einer Tabellenkalkulationssoftware (z.B. das kostenfreie LibreOffice Calc) simulieren und so die gestellte Frage leicht beantworten kannst.

Wenn du selbst mitmachen möchtest, brauchst du:

  • Ein Programm zur Tabellenkalkulation

2 Das Geschwister-Paradoxon

Du ziehst neu in ein Haus ein und siehst zum ersten Mal deine Nachbarin gemeinsam mit ihrem Sohn.

Ihr kommt ins GesprÀch und sie verrÀt dir, dass sie noch ein zweites Kind zu Hause hat. Du versÀumst allerdings, sie zu fragen, ob das zweite Kind ein Junge oder ein MÀdchen ist.

Du ĂŒberlegst: "Die Wahrscheinlichkeit dafĂŒr, dass die Mutter zwei Söhne hat, ist genauso groß wie die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Sohn und eine Tochter hat. Oder!?"

Doch je lĂ€nger du darĂŒber nachdenkst, desto unsicherer wirst du dir. Du entscheidest dich, die Situation zu simulieren und dabei deine FĂ€higkeiten im Umgang mit Tabellenkalkulationssoftware aufzufrischen.

spielender Junge der Nachbarin

3 Fragestellung beachten!

Vielleicht hast du dir die letzte Seite durchgelesen und dachtest dir sofort:

"NatĂŒrlich ist es gleich wahrscheinlich bei einer Geburt einen Jungen oder ein MĂ€dchen zu gebĂ€ren! (Die Statistik sagt hier 49 %49\ \% zu 51 %51\ \%.[1].\left[1\right])"

Das war aber nicht die Fragestellung. In der Stochastik ist es hĂ€ufig wichtig, genau zu lesen und sich den Ergebnisraum zu ĂŒberlegen.

Es geht um die Konstellation der beiden Geschwister.

Mögliche Ergebnisse sind: Es sind zwei Jungen, es ist ein Junge und ein MÀdchen und (unmöglich, da du den einen Sohn bereits gesehen hast) es sind zwei MÀdchen.

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4 Simulationen mit Tabellenkalkulation

Da Tabellenkalkulationssoftware schnell und einfach dazu verwendet werden kann, Zufallszahlen zu erzeugen und anschließend zu analysieren, ist sie fĂŒr Simulationen besonders gut geeignet.

Am besten kommt das Programm natĂŒrlich mit Zahlen klar. Deshalb sind Fragestellungen wie "MĂ€dchen oder Junge?" am einfachsten zu beantworten, wenn man zuvor den Ergebnisraum zu Zahlen verĂ€ndert. Ab jetzt gilt deshalb:

Ein MĂ€dchen ist in der Simulation die Zahl 1.

Ein Junge ist in der Simulation die Zahl 0.

5 Familien erzeugen

NatĂŒrlich kann man viele Tausende Eltern mit zwei Kindern befragen, allerdings ist das sehr aufwĂ€ndig und dadurch, dass man weiß, dass die Geburten von MĂ€dchen und Jungen ungefĂ€hr gleichwahrscheinlich sind, kann ein Tabellenkalkulationsprogramm die "Befragung" simulieren.

Auftrag:

Öffne das Tabellenkalkulationsprogramm und schreibe in die Zelle A1 "1. Kind" und in B1 "2. Kind".

Suche eine Formel, die dir zufÀllig die Zahl 0 (Junge) oder 1 (MÀdchen) ausgibt und kopiere diese Formel sowohl in A2 als auch in B2.

WĂ€hle die beiden Zellen gemeinsam aus und kopiere die Formel bis zur Zeile 501 nach unten.

So hast du schnell 500 Familien mit zwei Kindern erzeugt!

6 Familienanalyse vorbereiten

Nun kannst du die Familienkonstellationen genauer betrachten.

Auftrag:

Überlege dir, wie die beiden Zahlen sinnvoll kombiniert werden können, um so die Familiensituation durch eine Zahl zu beschreiben.

ErgÀnze in deinem Rechenblatt in Spalte C die passende Berechnung.

7 Unmögliche FÀlle entfernen

Du weißt bereits, dass deine Nachbarin einen Sohn hat. Da sie nur zwei Kinder hat, kann sie nicht zwei Töchter haben.

Aus deinen Testfamilien zÀhlst du also nur die zur Stichprobe, die mindestens einen Jungen in der Familie haben.

Auftrag:

Schreibe in E2 den Text "befragte Familien" und finde eine Möglichkeit, alle gĂŒltigen FamilienstĂ€nde aus Spalte C aufzusummieren.

8 absolute HĂ€ufigkeiten ermitteln

Die Antwort ist nahe!

Auftrag:

Schreibe in die Zelle E4 "Familien mit Schwester" und in E5 "Familien mit Bruder.

Überlege dir, wie du aus den EintrĂ€gen in der Spalte C die Anzahl der Familien mit einem Bruder und einer Schwester ermitteln kannst. Schreibe die Formel in F4.

Überlege dir, wie du aus den bisherigen Ergebnissen die Familien mit zwei Söhnen ermitteln kannst. Schreibe die Formel in F5.

9 relative HĂ€ufigkeiten ermitteln

Um die Situation sinnvoll zu analysieren, kannst du die Prozentzahlen ermitteln und nachforschen, ob diese einen Zusammenhang sichtbar machen.

Auftrag

ErgÀnze z.B. in den Zellen G4 und G5 den Anteil der Familien mit Sohn-Tochter beziehungsweise Sohn-Sohn. Formatiere die Zahlen (z.B. mit Rechtsklick> Zellen formatieren) als Prozentzahl.

10 noch nicht genau genug?

Glaubst du dem Rechenblatt noch immer nicht?

Die Simulation mit dem Tabellenkalkulationsprogramm ermöglicht es dir, einfach weitere Familien hinzuzufĂŒgen.

Auftrag

Ziehe den Inhalt der Zellen A2 bis C2 bis zur Zeile 2001 herunter und aktualisiere die Zellen F2 und F4 (ggf. F5, G4, G5) entsprechend.

11 Deutung der relativen HĂ€ufigkeiten

Nach dem Gesetz der großen Zahlen nĂ€hert sich die relative HĂ€ufigkeit bei einer sehr großen Stichprobe der Wahrscheinlichkeit fĂŒr ein bestimmtes Ereignis an.

Dass ca. 67 %67\ \% der Familien einen Sohn und eine Tochter haben, macht es also wahrscheinlicher, dass die Nachbarin ebenfalls einen Sohn und eine Tochter hat und nicht zwei Söhne.

spielende Geschwister in der Natur https://pixabay.com/de/photos/geschwister-bruder-schwester-kinder-817369/

12 Doch woher kommen die 67 %?

Es sieht gerade so aus, als wĂ€ren die Geburten doch nicht gleich wahrscheinlich. Betrachtet man allerdings alle Kombinationen, die es fĂŒr zwei Geschwister gibt, so lĂ€sst sich die Zahl einfach erklĂ€ren.

Ω= \Omega=\ {

(1. Kind: Junge, 2. Kind: Junge),

(1. Kind: Junge, 2. Kind: MĂ€dchen),

(1. Kind: MĂ€dchen, 2. Kind: Junge),

(1. Kind: MĂ€dchen, 2. Kind: MĂ€dchen)}

Jedes dieser vier Ergebnisse ist gleich wahrscheinlich (25  %25\;\%) und unterscheidet sich von den anderen.

Dadurch, dass wir mindestens einen Sohn in der Familie haben wollen, gibt es aber nur noch drei Ergebnisse.

Ω2={\Omega_2=\{

(1. Kind: Junge, 2. Kind: Junge),

(1. Kind: Junge, 2. Kind: MĂ€dchen),

(1. Kind: MĂ€dchen, 2. Kind: Junge)}

nur noch die blau markierten Familien werden betrachtet. Das sind 75 % der Familien

nur noch die blau markierten Familien werden betrachtet. Das sind 75 % der Familien

Ω2\Omega_2 enthĂ€lt nur noch 75  %75\;\% aller Familien, die 25  %25\;\% der Familien mit zwei Töchtern gibt es nicht mehr. FĂŒr deine alltĂ€gliche Fragestellung hast du den Ergebnisraum selbst zusĂ€tzlich vergröbert, also weniger genau hingeschaut und die gemischten Familien zusammengefasst. Die 50  %50\;\% der Familien mit einem Jungen und einem MĂ€dchen entsprechen bei der neuen Gesamtzahl an Familien 23\frac 2 3 der Familien, denn 50  %50\;\% von 75  %75\;\% sind 23\frac 2 3. Das ĂŒbrige Drittel sind die Familien mit zwei Söhnen.

Rechnerisch verbirgt sich hinter dieser Handlung, also der EinschrĂ€nkung der Ergebnismenge, ĂŒbrigens die bedingten Wahrscheinlichkeit.

13 Vertiefung

Die Nachbarin sagt dir, dass der Sohn, den du siehst, das erstgeborene Kind ist.

Wie verÀndert das die Situation, dein Rechenblatt, die Ergebnismenge und die Wahrscheinlichkeit?

Schreibe es doch in die Kommentare!


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