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Kurs

Einführung in die forensischen Naturwissenschaften

1 Überblick

Der Einführungskurs in die forensischen Naturwissenschaften soll dich mit den maßgeblichen Fachbereichen und ihren speziellen Bedeutungen im forensischen Kontext vertraut machen: Also welche naturwissenschaftlichen Erkenntnisse können zur Lösung kriminalistischer Fragestellungen beitragen und zur Erkenntnisgewinnung des Gerichts mithilfe forensischer Gutachten dienen.

Auch in diesem Bereich ist sinnvoll, wenn du zunächst durch "Grundlagen der Forensik" ein Grundverständnis für die Systematik der Forensik gebildet hast. Dadurch bekommst du einen Eindruck über die vielfältigen Wissensgebiete, die von forensischer Bedeutung sind. Der Einführungskurs "forensische Naturwissenschaften" gibt dir zunächst auf den folgenden Kursseiten einen ersten Eindruck von den hauptsächlichen Arbeitsbereichen:

  • forensische Chemie

  • forensische Biologie

  • forensische Physik

  • forensische Elektronik

Prof. Otto Prokop bei seiner letzten Vorlesung 1991 in der Charité Berlin (Institut für Physiologie) beim Erklären des Coup-Contrecoup-Mechanismus beim Schädel-Hirn-Trauma.

Prof. Otto Prokop bei seiner letzten Vorlesung 1991 in der Charité Berlin (Institut für Physiologie) beim Erklären des Coup-Contrecoup-Mechanismus beim Schädel-Hirn-Trauma.

Der Einführungskurs wird im weiteren Ausbau des Faches Forensik ergänzt durch weitere Artikel, die die einzelnen Fachbereiche grundsätzlich und in ihren vielfältigen Facetten beleuchten. Anhand exemplarischer Kriminalfälle wird dir der Anteil forensischer Arbeit bei der Lösung der Fälle beschrieben. Die Artikel zeigen dir, wie wissenschaftliche und analytische Forschungsarbeit bei spannenden Kriminalfällen oft entscheidende Hinweise liefern, um die Wahrheit herauszufinden und die TäterInnen zu überführen.

2 Chemie

Unter forensischer Chemie versteht man nach übereinstimmender Auffassung "die Anwendung chemischer Erkenntnisse und Verfahren für die Zwecke der Rechtspflege". Wie alle Bereiche der Forensik, ist auch dieses Fachgebiet kompliziert und komplex und weist vielfältige Berührungen und Verknüpfungen mit anderen Forschungsgebieten auf.

Nach Professor Helbig gilt für die forensische Chemie bis heute folgende Unterteilung:

  • Forensische Toxikologie:

    • Sie beschäftigt sich mit dem Nachweis und der ärztlichen Beurteilung von Giften und Vergiftungen aller Art. Dieser Bereich ist in der Regel der Gerichtsmedizin angeschlossen.

  • Kriminalistische (forensische) Chemie:

    • Allgemeine Substanzuntersuchungen mittels chemischer, physikochemischer oder physikalischer Methoden; im Mittelpunkt steht die stoffliche Identifizierung.

    • Objektgebundene chemische Untersuchungen im Rahmen der Tatortarbeit (z. B. Sicherung von daktyloskopischen Spuren, Untersuchung von Waffen- und Munitionsspuren etc.).

    • Präparative Arbeiten: Diese umfassen die Herstellung von Substanzen für die kriminalistische Praxis (z. B. Spurenabformmaterialien, Rauschgift oder Sprengstoff-Schnelltests, Fangstoffe etc.). Arbeiten dieser Art werden i.d.R. von den Anbietern entsprechender Produkte geleistet. Die Inhalte der vorliegenden Arbeit beziehen sich hauptsächlich auf die Bereiche allgemeine Substanzuntersuchungen und objektgebundene chemische Untersuchungen der kriminalistischen Chemie.

Chemische Untersuchung

Chemische Untersuchung

Bei der Aufklärung von Kriminalfällen, also der Ermittlung der Täter*innen und der Beweisführung über den Tathergang, sind Erkenntnisse und Methoden der Chemie wesentlicher Bestandteil kriminalistischer Arbeit. Aufgrund der fortlaufenden Entwicklung der Wissenschaft und Technik gewinnt die forensische Chemie zunehmend an Bedeutung.

3 Biologie

Die forensische Biologie beschäftigt sich mit den biologischen Aspekten der Forensik und Rechtsmedizin. Sie setzt sich nach allgemeinem Verständnis zusammen aus den Bereichen 

  • Thanatologie, der Wissenschaft vom Tod, vom Sterben (als Sterbeforschung) und der Bestattung. Thanatologie ist ein interdisziplinäres Arbeitsgebiet, zu dem u.a. Philosophie, Ethnologie, Psychologie, Soziologie, Geschichtswissenschaft, Archäologie, Biologie, Medizin, Pflegewissenschaft gezählt werden.

  • Anthropologie, der Wissenschaft vom Menschen. Hier zeigen sich die Überschneidungen zwischen den verschiedenen Fachgebieten der Forensik besonders deutlich.

  • Molekularbiologie, der Beschäftigung mit der Struktur und Funktion biologischer Makromoleküle. Sie befasst sich mit der Struktur, Biosynthese und Funktion von DNA und RNA auf molekularer Ebene und untersucht, wie diese untereinander und mit Proteinen interagieren. Aus forensischer Sicht ist die Erstellung und Analyse genetischer Fingerabdrücke von besonderer Bedeutung. Das Forschungsgebiet der Molekularbiologie überschneidet sich dabei immer mehr mit weiteren Feldern der Biologie und Chemie.

  • Botanik, der Erforschung der Pflanzen und befasst sich u.a. mit deren Lebenszyklus, Stoffwechsel, Wachstum und Aufbau der Pflanzen.

  • Entomologie, der Insektenkunde. Die Untersuchung von Leicheninsekten (forensische Entomologie) sorgen immer wieder für größere Aufmerksamkeit und führten nicht selten zur Aufklärung interessanter Fälle.

Insbesondere kann mit biologischen Methoden die Todeszeitbestimmung vorgenommen werden, einem wichtigen Umstand bei den kriminalistischen Ermittlungen in Mordfällen

DNA - was ist das?

DNA - was ist das?

Gerade in der forensischen Biologie sind kriminalistisch relevante Spuren und Vergleichsmaterialien bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen von besonderer Bedeutung. Einige Beispiel von Gruppen von Untersuchungsmaterialien:

  • Anschmelzspuren (Kunststoffanschmelzspuren an Bekleidungsgegenständen von Unfallbeteiligten),

  • Faser-/Textilspuren, (Stichspuren in Kleidung),

  • Haarspuren, von Menschen und Tieren

  • Lippen-, Ohr-, Hautspuren,

  • blutverdächtige Substanzen,

  • Zigarettenkippen, Kontakt-/Gebrauchsspuren,

  • sekret-/exkretverdächtige Substanzen,

  • Wangenschleimhautabstriche,

  • Bodenspuren.

Die forensische Biologie zeigt dir besonders gut die Komplexität und Vernetztheit der Forensik und die vielfältige Überschneidung mit anderen Wissensgebieten und die enge Verbindung mit kriminalistischen Aufgaben.

4 Physik / Elektronik

Das Fachgebiet forensische Physik und Elektronik ist in der von uns verwendeten Systematik sehr eng begrenzt auf die beiden Aufgabenbereiche

  • Untersuchung elektrischer Apparaturen und

  • Elektronische Sicherungseinrichtungen.

Dies macht dir einerseits einmal mehr deutlich, wie spezialisiert die wissenschaftlichen Aufgabenbereiche in der Forensik sind, andererseits aber auch, wie übergreifend die Aufgaben zu erledigen sind. Beispielsweise werden nach unserer Systematik die Bereiche der Ballistik, Werkstoff- und Elektrotechnik in den Sparten forensische Ingenieurswissenschaften und forensische Informatik und Kommunikation in gesonderten Einführungskursen behandelt.

Quark (Physik)

Die hier aufgeführten Aufgabenbereiche dienen vor allem der Aufklärung von Kriminalfällen und Schadenvorgängen durch kriminaltechnische Spurenauswertungen an mechanischen und elektronischen Sicherungseinrichtungen an Objekten und Kraftfahrzeugen. Hierbei handelt es sich um eine hochspezialisierte Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden aus Physik und Elektronik.

Du kannst dir jetzt sicherlich vorstellen, wie schwierig es ist, die vielfältigen, aber wiederum sich ergänzenden wissenschaftlichen Bereiche organisatorisch sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Aus diesem Grunde besteht zum Beispiel im Kriminaltechnischen Institut  des  Bundeskriminalamtes  (BKA) eine Arbeitsgruppe Chemie/Physik und nicht zwei getrennte Arbeitsgruppen.


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