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Hamilton-Funktion und Hamiltonsche Gleichungen

Die Hamiltonschen Gleichungen, oft auch als kanonische Gleichungen bezeichnet, bieten eine Beschreibung der Mechanik, die neben den generalisierten Koordinaten nicht auf die entsprechenden verallgemeinerten Gewindigkeiten zurückgreift, sondern auf die dazu konjugierten verallgemeinerten (oder kanonischen) Impulse.

Für verschiedene Problemstellungen führt dieser Ansatz auf handlichere Bewegungsgleichungen.

Die charakteristische Funktion dieser Gleichungen ist die Hamilton-Funktion, die typischerweise der Gesamtenergie des mechanischen Systems entspricht.

Der Hamiltonsche Formalismus der Mechanik ist der Ausgangspunkt für eine schematische Vorgehensweise, die auf die nicht-relativistischen, quantenmechanischen Gleichungen nach Heisenberg und Schrödinger führt (erste Quantisierung).

Übersicht

Die Hamilton-Funktion H(q,p,t)H(\mathbf{q},\mathbf{p},t) geht durch Legendre-Transformation aus der Lagrange-Funktion L(q,q˙,t)L(\mathbf{q},\dot{\mathbf{q}},t) hervor,

wobei der kanonische Impuls p=(p1,p2,)\mathbf{p}=(p_1,p_2,…) aus der Lagrange-Funktion bestimmt werden kann:

Liegen keine rheonomen Zwangsbedingungen vor, d.h. wenn alle Zwangsbedingungen nicht explizit von der Zeit abhängen, ist die Hamiltonfunktion gerade die mechanische Gesamtenergie des Systems, H=T+UH=T+U, die Summe aus kinetischer (TT) und potentieller Energie (UU).

Die Dynamik des Systems ist dann durch die Hamiltonschen Gleichungen

gegeben. Für ein System mit nn Freiheitsgraden, bilden die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen ein System aus 2n2n linearen Differentialgleichungen erster Ordnung mit q(t)\mathbf{q}(t) und p(t)\mathbf{p}(t) als unbekannte Funktionen.

Legendre-Transformation

Die Legendre-Transformation beschreibt den Übergang von einem Ensemble unabhängiger Variablen zu einem anderen. Um von der Lagrange-Funktion zur Hamilton-Funktion zu kommen, wird die Abhängigkeit von den Geschwindigkeiten q˙\dot{\mathbf{q}} in eine Abhängigkeit vonden Impulsen p\mathbf{p} umgewandelt. Dazu wird zunächst das totale Differential von LL,

betrachtet. Mit der Definition p=Lq˙\mathbf{p}=\frac{\partial L}{\partial \dot{\mathbf{q}}} des verallgemeinerten Impulses und den Euler-Lagrange-Gleichungen lässt sich dieses auch schreiben als

Für den zweiten Term auf der rechten Seite gilt die Identität

Eingesetzt in dL\mathrm{d}L erhält man nach wenigen Äquivalenzumformungen den Ausdruck

Das totale Differential auf der linken Seite ist das totale Differential der Gesamtenergie des Systems, der sogenannten Hamilton-Funktion

Mit dieser Definition von HH mit p\mathbf{p} und q\mathbf{q} als unabhängigen Variablen folgen aus dem Differential

die Bewegungsgleichungen

Die totale Ableitung von HH nach der Zeit kann ebenfalls berechnet werden, nämlich

Einsetzen der Hamiltonschen Gleichungen liefert

Wenn die Hamiltonsche Funktion also nicht explizit von der Zeit tt abhängt, H/t=0\partial H/\partial t=0, ist sie konstant und die Gesamtenergie des Systems ist erhalten .

Die Legendre-Transformation ist bijektiv, wenn 2L/q˙20\partial^2 L/\partial \dot{\mathbf{q}}^2\neq 0. Ihre Umkerung lautet dann

mit q˙=H/p\dot{\mathbf{q}}=\partial H/\partial \mathbf{p}.

Es ist auch möglich, die kanonischen Gleichungen direkt aus dem Hamiltonschen Prinzip herzuleiten, ohne den Umweg über die Euler-Lagrange-Gleichungen zu nehmen. Detaillierte Erläuterungen hierzu finden sich z.B. in Sommerfeld, A. (1968): Vorlesungen über theoretische Physik I, S.193f.

Poisson-Klammern

Mithilfe der Poisson-Klammern

lassen sich die kanonischen Gleichungen auch schreiben als

Außerdem charakterisieren die fundamentalen Poisson-Klammern Koordinatentransformationen, unter denen die Dynamik des Systems sich nicht verändert.

Details hierzu finden sich in dem Artikel über Poisson-Klammern.

Literatur

  • Sommerfeld, A. (1968). Vorlesungen über theoretische Physik I. Leipzig. Geest & Portig K.-G.

  • Landau, L.D., Lifschitz E.M. (1997). Lehrbuch der theoretischen Physik I. Frankfurt a.M. Harri Deutsch.

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