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Bedingte Wahrscheinlichkeit

Die (bedingte) Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B ist die Wahrscheinlichkeit, dass A eintritt, falls sicher ist, dass B schon eingetreten ist.

Man schreibt PB(A) oder P(A|B) für die Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B.

PB(A)=P(A B)P(B) (umgeformte erste Pfadregel)

PB(A) wird gelesen als: "Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B"

Beachte

Die bedingte Wahrscheinlichkeit PB(A) ist nur sinnvoll definiert, wenn P(B)0 ist.

Beispiele und Abgrenzung von "normaler" Wahrscheinlichkeit

  • Die bedingte Wahrscheinlichkeit für "Die Straße ist nass, wenn es regnet" Pes regnet(Straße nass) ist nahe 1 (Es gibt nur einige wenige Straßen, die überdacht sind.) Die Wahrscheinlichkeit für "Die Straße ist nass." P(Straße nass) (normale Wahrscheinlichkeit) ist deutlich unter 1 (je nach geographischer Lage).

  • Die bedingte Wahrscheinlichkeit für "lange Haare bei Frauen" PFrau(lange Haare)ist deutlich höher als die Wahrscheinlichkeit für "lange Haare" P(lange Haare)

  • Ein Tetraeder (Zahlen 1-4) und ein Würfel (Zahlen 1-6) werden zufällig aus einer Urne gezogen und geworfen. Die Wahrscheinlichkeit für "1" berechnet man mit P(1)=0.514+0.516=18+112=524 Die bedingte Wahrscheinlichkeit "1, wenn ich weiß, dass der Tetraeder gezogen wurde" berechnet man mit PTetraeder(1)=14.

Ein ausführliches Beispiel

Ein Spielwürfel hat die Augenzahlen von 1 bis 6, die bei einem Wurf alle die gleiche Wahrscheinlichkeit 16 haben.

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Wir nehmen jetzt zwei Ereignisse:

Ereignis A: die geworfene Augenzahl ist durch drei teilbar, es ist also eine 3 oder eine 6.

Bei sechs möglichen Fällen und zwei Fällen, in denen das Ereignis eintritt, ist die Wahrscheinlichkeit P(A)=26 oder nach Kürzen P(A)=13.

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Ereignis B: die geworfene Augenzahl liegt zwischen 1 und 4.

Da es sechs mögliche und vier Fälle, in denen das Ereignis eintritt, gibt, ist die Wahrscheinlichkeit P(B)=46 oder nach Kürzen P(B)=23.

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Berechnung der bedingten Wahrscheinlichkeit: 1. Weg

Jetzt berechnen wir die Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung, dass auch B eintritt. Das schreibt man als PB(A) oder als P(A|B).

Weil B eintritt, ist die Grundmenge der möglichen Fälle jetzt nur noch {1,2,3,4}.

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Das Ereignis A tritt ein bei einer 3 oder einer 6, wobei die 6 aber sicher ausgeschlossen ist.

Bild

Die einzige Möglichkeit, dass das Ereignis A eintritt ist also, dass die 3 geworfen wird.

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Wir haben hier vier mögliche Fälle und nur einen, in dem das Ereignis A eintritt. Das bedeutet, dass die bedingte Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B gleich 14 ist: PB(A)=14.

Berechnung der bedingten Wahrscheinlichkeit: 2. Weg

Dass die Ereignisse A und B beide eintreten, schreibt man als AB (eben dem Durchschnitt der Ereignismengen). Genau wie gerade sieht man, dass das einzige Ereignis AB={3} ist. Die Wahrscheinlichkeit, eine 3 zu werfen, ist (wie für jede einzelne Zahl) 16.

Daraus und aus P(B)=23 kann man jetzt PB(A) berechnen:

Wenn P(B)=23 ist, muss diese Zahl mit PB(A) multipliziert werden, damit auch das Ereignis A eintritt. Dann sind aber beide Ereignisse A und B eingetreten, das heißt, man ist im Fall AB.

Man kann die Gleichung

P(AB)=P(B)PB(A)

nach PB(A) auflösen und erhält

PB(A)=P(AB)P(B)

In diesem Beispiel ist PB(A)=P(AB)P(B)=1/62/3=1632=312=14.

Zusammenfassung

Wenn man zwei der drei Wahrscheinlichkeiten P(B), P(AB) und PB(A) kennt, kann man die dritte durch Umstellen der Formel berechnen:

  • PB(A)=P(AB)P(B) Berechnung der bedingten Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B

  • P(AB)=P(B)PB(A) Berechnung der Wahrscheinlichkeit, dass A und B beide eintreten

  • P(B)=P(AB)PB(A) Berechnung der Wahrscheinlichkeit von B

Aufgabe

Jetzt kannst du überprüfen, wie gut du das Beispiel verstanden hast: Berechne PA(B) sowohl direkt als auch mit einer passenden Formel.

Häufige Fälle

Folgende Wahrscheinlichkeiten sind immer voneinander zu unterscheiden:

  • PB(A) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B. d. h., man weiß bereits sicher, dass B zutrifft bzw. eingetreten ist, aber bezüglich A weiß man es nicht und fragt nach der Wahrscheinlichkeit von A.

  • PA(B) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit von B unter der Bedingung A. d. h., man weiß bereits sicher, dass A zutrifft bzw. eingetreten ist, aber bezüglich B weiß man es nicht und fragt nach der Wahrscheinlichkeit von B.

  • P(AB) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses „A und zugleich B“. d. h., man hat keine zusätzlichen Informationen und fragt nach der Wahrscheinlichkeit, mit der A und B gemeinsam eintreten.

Frage: Sei A ein beliebiges Ereignis. Wie groß ist PA(A) und PA(A)?

Schreib- und Sprechweisen

Man schreibt PB(A) oder P(A|B) für die Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B.

Alternative Sprechweisen:

  • A unter der Bedingung B

  • A, wenn B

  • „Wahrscheinlichkeit von A, wenn B eingetreten ist“

  • A gegeben B

Geogebra File: https://assets.serlo.org/legacy/4712_QQXT6Dbvht.xml

Definition

Die bedingte Wahrscheinlichkeit ist wie folgt definiert:

P(A|B)=P(AB)P(B)

Die bedingte Wahrscheinlichkeit am Baumdiagramm

Die bedingte Wahrscheinlichkeit kann ganz einfach am Baumdiagramm dargestellt werden:

In einem zweistufigen Zufallsexperiment können in der ersten Stufe die Ereignisse A und B eintreffen, in der der zweiten Stufe die Ereignisse C und D.

Bild

Am dargestellten Baum kann man erkennen, dass die bedingten Wahrscheinlichkeiten in der zweiten Stufe zu finden sind. Sie hängen (bei Abhängigkeit) von der ersten Stufe ab.

Folgende Gleichungen gelten:

P(AC)=P(A)PA(C) (erste Pfadregel)

P(C)=P(A)PA(C)+P(B)PB(C) (zweite Pfadregel)

Bedingte Wahrscheinlichkeit und Vierfeldertafel

Selbstverständlich kann man auch eine Vierfeldertafel erstellen, um alle Wahrscheinlichkeiten zu bekommen, die man benötigt, um P(A|B)=P(AB)P(B) auszurechnen. Beispielaufgabe mit ausführlicher Musterlösung

Bedingte Wahrscheinlichkeit und stochastische Unabhängigkeit

Weiß man, dass zwei Ereignisse stochastisch unabhängig sind, so vereinfacht sich P(AB) zu P(A)P(B). In diesem Fall ergibt sich für P(A|B)=P(AB)P(B)=P(A)P(B)P(B)=P(A). Im Umkehrschluss: Unterscheiden sich P(A|B) und P(A), so folgt, dass A und B stochastisch abhängig sind.

Wichtige Sätze

Aus der Definition und mithilfe der Pfadregeln lassen sich wichtige Sätze für die bedingte Wahrscheinlichkeit ableiten:

Multiplikationssatz

P(AB)=P(A|B)P(B)

Gesetz der totalen Wahrscheinlichkeit

P(B)=P(A)P(B|A)+P(A)P(B|A)

mit der Verallgemeinerung: P(B)=iP(Ai)P(B|Ai)

Satz von Bayes

P(A|B)=P(B|A)P(A)P(B)

Weiterer Satz

P(A|B)+P(A|B)=1

Beispiel:

Angenommen, ein bestimmtes Merkmal A trete bei 2% aller neugeborenen Mädchen und bei 8% aller neugeborenen Jungen auf.

Folgende Ereignisse sollen betrachtet werden:

A: „Das Kind hat das Merkmal A.“

J: „Das Kind ist ein Junge.“

Es soll davon ausgegangen werden, dass es gleich viel Jungen- wie Mädchengeburten gibt. Dann gilt:

PJ(A)=8%, denn laut Angabe tritt Merkmal A ja bei 8% aller neugeborenen Jungen auf.

P(AJ)=4%, denn da nur 50% der neugeborenen Kinder Jungen sind und unter den Jungen nur 8% das Merkmal A haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiges Kind ein Junge ist, der das Merkmal A hat, gleich 4%.

PA(J)=80%, denn das Merkmal betrifft Jungen viermal so oft wie Mädchen; wenn man also weiß, dass ein bestimmtes Kind das Merkmal A hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit 80%, dass das Kind ein Junge ist.

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