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Die Moderne - Sei offen für Neues!

Die Moderne (um 1890-1920) ist eine wichtige Epoche in der Literaturgeschichte. Sie zeichnet sich durch ihren Stilpluralismus aus.

Wir verraten dir, was die Moderne genau ist, und welche Merkmale sie auszeichnen.

"Der Kuss" (1908) von Gustav Klimt

"Der Kuss" (1908) von Gustav Klimt

Moderne - Die Epoche kurz vorgestellt

Die Moderne (um 1890-1920) ist eine Art "Überepoche" für mehrere verschiedene Strömungen während des Übergangs vom 19. zum 20. Jahrhundert: In ihre Zeit fallen beispielsweise der Expressionismus, der Impressionismus, der Symbolismus sowie Dekadenz, Jugendstil und Ästhetizismus. Damit ist die Moderne eine Sammelbegriff für eine literarisch sehr vielseitige und kreative Zeit. Auch gibt es regionale Unterteilungen wie die Wiener Moderne oder die Berliner Moderne.

Die Moderne war eine Gegenbewegung zu Realismus (1848–1890) und Naturalismus (1880–1900). Die Kunst sollte nicht länger die Realität abbilden, sondern Kunst um der Kunst willen sein. Außerdem war diese Zeit von großen technischen Fortschritten geprägt. Neue Erkenntnisse und Entwicklungen sorgten für einen kompletten Umbruch in zahlreichen Lebensbereichen.

Zeitstrahl der literarischen Epochen mit Hervorhebung der Epoche der Moderne

Zeitstrahl der literarischen Epochen

Die literarischen Strömungen der Moderne

  • Impressionismus: Der Impressionismus (1890-1920) richtet sich gegen den Naturalismus. Für die Impressionisten und Impressionistinnen war die Wirklichkeit nicht von Politik und sozialen Zuständen bestimmt, sondern von ihren subjektiven Gefühlen. Daher stehen im Impressionismus subjektive Eindrücke und Empfindungen im Vordergrund.

  • Symbolismus: Im Symbolismus (1890-1920) spielen, wie der Name schon sagt, Symbole eine zentrale Rolle. Die Vertreter und Vertreterinnen des Symbolismus wandten sich dem Mystischen, Morbiden und Geheimnisvollen zu und verpackten dies in einer bildhaften Sprache.

  • Dekadenz/Fin de siécle: Die Dekadenz (1890-1914) steht für Verschwendungssucht im Auge des nahenden Untergangs. Eine andere Bezeichnung ist der französische Begriff Fin de siécle, was "Ende des Jahrhunderts" bedeutet. Fundamentale Merkmale dieser Strömung sind die Untergangsstimmung, ein starker Lebensüberdruss sowie eine übermäßige Genusssucht.

  • Ästhetizismus: Der Ästhetizismus (1890-1920) strebt nach einer tiefsinnigen Kunst bzw. Literatur, die das Schöne ehrt. Ästhetik war dabei besonders wichtig, sowohl in der inhaltlichen als auch in der formalen Gestaltung.

  • Expressionismus: Der Expressionismus (1905-1925) legt großen Wert darauf, Gefühle und das Innenleben darzustellen. Typisch für den Expressionismus sind eine Ästhetik des Hässlichen, die Überforderung mit der Industrialisierung und der Wunsch nach einer neuen Welt. Zentrale Themen sind das Ende der Welt, Verstädterung, Orientierungslosigkeit und Anonymität.

  • Dadaismus: Der Dadaismus (1916-1922) ist eine avantgardistische Literaturströmung. Die Kunst des Dadaismus zeichnet sich dadurch aus, dass sie gewissermaßen eine "Anti-Kunst" ist, deren wesentliche Merkmale Provokation, Absurdität und das Groteske sind.

  • Jugendstil: Der Jugendstil (1885-1920) versucht die Schönheit des Lebens nachzuempfinden und nach Jugend und Schönheit zu streben.

Historischer Hintergrund

Das Leben für die Menschen zur Zeit der Moderne war von starken Veränderungen geprägt. So verlor die Religion immer mehr an Bedeutung und die Instanzen Staat und Kirche lösten sich zunehmend voneinander. Ein Grund für diese Säkularisierung waren auch die zahlreichen neuen Erkenntnisse in der Wissenschaft und Forschung. Die Entwicklung der Psychoanalyse von Sigmund Freud, der Relativitätstheorie von Albert Einstein und die Quantenformel und das Strahlungsgesetz von Max Planck gehörten zu den wichtigsten Theorien.

Auch in der Technik gab es große Veränderungen und die Folgen der Industrialisierung und Automatisierung von Produktionsprozessen hielten an. Die Arbeitsbedingungen waren schlecht und die Arbeiter mussten sich nun auf eine bestimmte Tätigkeit spezialisieren. Der Staat mischte sich durch die wachsende Bürokratie immer mehr in das Leben des Einzelnen ein, deshalb wurden Individualität und die Möglichkeit zur Selbstentfaltung für den Menschen immer wichtiger.

In dieser Zeit gab es auch große Veränderungen in der Politik: Die militärischen Aufrüstungen aller großen Nationen und schließlich der Erste Weltkrieg (1914-918) bestimmten die Zeit der Moderne. Zu dieser Zeit entstanden die verschiedenen Strömungen der Moderne als unterschiedliche Arten der Bewältigung.

Mit dem Ende der Epoche trat auch das Ende der Monarchie in Deutschland mit unter anderem der Abdankung des deutschen Kaisers Wilhelm II. ein. Die Weimarer Republik und damit die erste parlamentarische Demokratie Deutschlands wurde am 9. November 1918 ausgerufen.

Durch den spürbaren Untergang einer Ära kam es in der Bevölkerung zum einen zu einer Art Aufbruchsstimmung, zum anderen aber auch zu Ängsten und Depressionen. Menschen, die der alten Zeit nachtrauerten, flüchteten sich durch die Kunst in Gefühls- und Traumwelten. Im deutschsprachigen Raum galten Berlin und Wien als Schauplatz der Moderne, daher wird häufig auch von einer Berliner Moderne (zum Beispiel mit Gerhart Hauptmann, Christian Morgenstern, Alfred Döblin und Georg Heym) und einer Wiener Moderne (mit Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Robert Musik und Hermann Broch) gesprochen.

Motive und Themen der Moderne

Die Moderne ist die erste Epoche in der Literaturgeschichte, in der es keine einheitlichen Thema gab. Dafür gab es viele unterschiedliche Strömungen mit verschiedenen Themengebieten, also einen Stilpluralismus. Alle Strömungen hatten jedoch eines gemeinsam, nämlich die Abwendung vom Naturalismus und seinem ungeschönten Wirklichkeitsanspruch. Schönheit und Ästhetik war in der Literatur der Moderne wichtiger als eine neutrale Darstellung.

In folgender Tabelle siehst du alle Strömungen der Moderne mit ihren jeweiligen Themen und Motiven:

Strömungen

Motive und Themen

Merkmale der Literatur

Impressionismus

  • subjektive Beobachtungen und Empfindungen

  • Sinneswahrnehmung

  • Momentaufnahmen

  • bildliche Beschreibung von Licht und Farbe

kurze Textformen wie

Novellen oder

Gedichte

Symbolismus

  • Symbole

  • unlogische, unwirkliche Welten

bildhafte Sprache

Dekadenz/

Fin de Siécle

  • moralischer Verfall in Gesellschaft und Kultur

  • Pessimismus

  • Weltuntergangsfantasien, Endzeitstimmung

Ästhetizismus

  • Ästhetik (Schönheit) am wichtigsten

  • zwecklose Kunst: Kunst um der Kunst willen

ästhetische formale Gestaltung

Expressionismus

  • Individualität und Subjektivität

  • Übertreibung

  • Bruch mit Traditionen

  • schockierende, abstrakte Wirklichkeit

Metaphern,

Neologismen

Dadaismus

  • Absurdität

  • das Groteske und Hässliche

  • Übersteigerung

Übertreibung

Jugendstil

  • Verehrung der Jugend und Schönheit

Parallelismen,

Wiederholungen

Die wichtigsten literarische Themen der Moderne sind also:

  • apokalyptische Endzeitstimmung

  • individuelle Wahrnehmungen

  • das Unterbewusste

  • Dekadenz, Verfall und Tod

  • Pessimismus

  • Sprachkritik

Literatur der Moderne

Mit dem Stilpluralismus und der Sprachkrise ergab sich für die Literatur der Moderne eine große Experimentierfreude. Ohne bestimmtes Ziel war die Kunst losgelöst von allen Zwängen und konnte einfach nur Kunst sein. Literatur sollte weder erziehen oder aufklären noch politische oder gesellschaftliche Missstände aufdecken.

Lyrik

Das beliebteste Thema in der Lyrik der Moderne war die Großstadt. Zur Zeit der immer weiter fortschreitenden Urbanisierung war das Stadtbild von Enge, Schmutz, Anonymität und Einsamkeit geprägt.

In der Lyrik dieser Zeit beziehen sich Aussage und Form aufeinander: Die Gedichte sind so konzipiert, dass die Aussage nur in Kombination mit der Form den gewünschten Sinn ergibt.

Ein beliebtes neues Stilmittel in modernen Gedichten wurde die Chiffre, eine Art verschlüsselte Metapher, die sich nur aus dem Kontext des Gedichts ergibt. Anders als das Symbol, das in der Regel allgemein bekannt ist (z.B. das Herz als Symbol der Liebe), muss eine Chiffre aus dem Zusammenhang des Gedichtes erschlossen werden. Chiffren sind somit oft nicht beim ersten Lesen verständlich.

Epik

Insgesamt gab es in der Moderne eine große Vielfalt von literarischen Formen und Inhalten. Zu den beliebtesten epischen Textformen der Moderne gehörten Novellen und Briefromane. Das Besondere bei dieser Art des Romans sind die häufigen Perspektivwechsel und auch die tiefen Einblicke in die Gefühle der Figuren. Die Figuren haben meist eine eingeschränkte Weltsicht, die ihnen zum Verhängnis wird. Ebenfalls typisch für die Epik der Moderne sind Aphorismen.

Dramatik

Eine Veränderung erlebte auch das Drama: Die Begriffe "Drama" oder "Tragödie" werden nicht mehr verwendet, da sie in gewisser Weise einen Helden voraussetzen. Diesen Helden sieht die Moderne nicht mehr, denn in ihr ist der Mensch ein fremdbestimmtes Individuum. So werden "Drama" und "Tragödie" durch den Begriff "Stück" ersetzt.

Beispiele für Autoren und Texte

  • Franz Kafka (1883-1924): u.a. "Die Verwandlung" (1912), "Der Prozess" (1914/15) und "Das Schloss" (1922)

  • Gerhart Hauptmann (1862-1946): z.B. "Die Weber" (1892) oder "Die Ratten" (1911)

  • Thomas Mann (1875-1955): z.B. "Buddenbrooks" (1901)

  • Arthur Schnitzler (1862-1931): z.B. "Leutnant Gustl" (1900) oder "Traumnovelle" (1925)

  • Hugo von Hofmannsthal (1874-1929): z.B. "Ein Brief" (1902), auch bekannt als "Chandos-Brief"

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Quellen


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