Aus einer rechteckigen Fensterscheibe mit den Seitenlängen aLE und bLE, ist vom unteren Mittelpunkt der kleineren Seite b aus, eine Ecke geradlinig unter einem Winkel von 45° abgesprungen.
Aus der restlichen Scheibe soll durch Schnitte parallel zu den ursprünglichen Seiten eine möglichst große rechteckige Scheibe hergestellt werden.
Welche Seitenlängen und welche Fläche hat die "Ersatzscheibe"? In welchem Punkt setzen die Schnitte an?
Für diese Aufgabe benötigst Du folgendes Grundwissen: Extremwertaufgaben
Bei dieser Aufgabe soll ein größtmöglicher Flächeninhalt bestimmt werden. Es handelt sich also um eine Extremwertaufgabe.
Die Scheibe sei höher als breit. Also gelte: a>b.
Das abgeschnittene Stück der Scheibe ist wegen des Neigungswinkels von 45° ein gleichschenklig-rechtwinkliges Dreieck mit der Kathetenlänge von b/2LE.
Die gesuchte rechteckige "Ersatzscheibe" habe die Seitenlängen xLE und yLE und entsteht von einem Punkt P aus, der auf der abgebrochenen Schnittkante variiert.
Die Zielfunktion ist der Flächeninhalt A(x;y) eines Rechtecks mit den Seiten xLE und yLE:
A(x;y)=x⋅y,
wobei
2b≤x≤b und a−2b≤y≤a
Grafische Veranschaulichung
Die Nebenbedingungen für P ergeben sich aus dessen variabler Lage auf der Schnittkante und können mit einem variablen Parameter t so angegeben werden:
x=2b+t und
y=a−t wobeigilt
0≤t≤2b
Setze die Nebenbedingungen in die Zielfunktion ein, um diese als Funktion der Variablen t zu erhalten.
Zielfunktion
A(t) | = | (2b+t)⋅(a−t) | |
↓ | Bilde - z.B. mit der Produktregel - die 1. Ableitung A′(t) und die 2. Ableitung A′′(t). | ||
DA(t)=[0;b/2] | = | [0;2b] | |
A´(t) | = | −2t+a−2b | |
↓ | Setze A′(t) gleich Null und löse die Gleichung. | ||
A´´(t) | = | −2 | |
A´´(t) | < | 0 | |
−2t+a−2b | = | 0 | |
t | = | 2a−4b |
Zwischenstand der Lösung:
Die gesuchte Ersatzscheibe mit maximalem Flächeninhalt wird von einem variablen Punkt P aus erzeugt, der auf der Strecke [S1;S2] liegen muss.
Damit ist der Definitionsbereich der Flächen-Zielfunktion A(t) auf das Intervall [0;2b] begrenzt.
A(t) ist wegen A′′(t)<0 eine nach unten geöffnete Parabel und der errechnete Wert tmax=2a−4b liefert ein lokales Maximum - also einen maximalen Flächeninhalt, aber nur dann, wenn der Wert im Intervall [0;2b] liegt.
Da a>b ist jedenfalls tmax>0.
tmax ist aber nicht für jedes Zahlenpaar a und b kleiner als 2b, da gilt:
2a−4b | ≤ | 2b | |
2a | ≤ | 43b | |
a | ≤ | 23b |
Fallunterscheidung:
Fall 1: b<a≤23b ("a nicht zu groß")⇒tmax∈[0;2b]
Fall 2:a>2b("a beliebig groß")⇒tmax∈/[0;2b]
Setze tmax in A(t) ein.
Fall 1:
b<a≤23b
tmax liefert lokales Maximum
A(tmax) | = | (2b+2a−4b)⋅(a−2a+4b) | |
= | (4b+2a)⋅(2a+4b) | ||
= | (2a+4b)2 |
Die Seitenlängen der Ersatzscheibe sind:
x=2b+tmax=2b+2a−4b=2a+4b
y=a−tmax=a−2a+4b=2a+4b
Die Ersatzscheibe ist demnach ein Quadrat.
Für den Punkt P auf [S1;S2] , von dem aus geschnitten wird gilt:
S1P=t2+t2=2(2a−4b)
Zahlenbeispiel
Am nachfolgenden Applet kannst du die Aufgabe mit den Zahlenwerten a=5LE und b=4LE nachvollziehen. Verschiebe dazu den Erzeugungspunkt P längst der Bruchkante [S1S2].
Man erhält für den maximalen Flächeninhalt 12,25FE, für die (quadratische) Rechtecksseite 3,5LE und für den Abstand des Punktes P von S1 den Wert 1,5⋅2LE≈2,1LE
Fall 2
a>23b⇒tmax>2b⇒tmax∈/[0;2b]
Damit liegt der Scheitelpunkt der Flächenparabel A(t) rechts vom Intervall [0;2b] und A(t) nimmt in diesem Intervall streng monoton zu.
Die größte Fläche wird demnach - als Randextremum - angenommen, wenn der erzeugende Punkt P mit dem rechtem Randpunkt S2 zusammenfällt. Also für t=2b.
Demnach gilt hier:
Amax=A(2b)=b⋅(a−2b).
Die Seitenlängen für Amax sind:
x=2b+2b=b und y=a−2b.
Für den erzeugenden Punkt P gilt: P=S2.
Zahlenbeispiel
Am nachfolgenden Applet kannst du die Aufgabe mit den Zahlenwerten a=6LE und b=3LE nachvollziehen. Verschiebe dazu den Erzeugungspunkt P längs der Bruchkante [S1S2].
Man erhält für den maximalen Flächeninhalt 13,5FE, bei den Seitenlängen von a=4,5LE und b=3LE.
Zusammenfassung
Die Aufgabe ist durch die notwendige Fallunterscheidung der Fenstermaße anspruchsvoll.
Falls die Fensterhöhe "nicht zu groß" gegenüber der Fensterbreite ist (a≤23b), besitzt die Aufgabe ein lokales Maximum.
Falls die Fensterhöhe "zu groß" gegenüber der Fensterbreite ist (a>23b) ergibt sich ein Randmaximum.
Alternative Lösung
Die beschriebene Lösung hat für die variable Lage des Erzeugungspunktes P auf der Bruchkante [S1S2] seinen horizontalen Abstand t vom Punkt S1 als Parameter verwendet.
Für eine alternative Lösung der Aufgabe verzichten wir auf einen zusätzlichen Parameter und betrachten die Rechtecksseiten x und y als die Variablen des gesuchten maximalen Rechtecks und bestimmen die Nebenbedingung zwischen x und y aus dem Strahlensatz.
Die Zielfunktion lautet:
A(x;y)=x⋅y mit x∈[b/2;b]
Die Nebenbedingung ergibt sich durch Anwendung des Strahlensatzes in der nebenstehenden Skizze:
2bx | = | 2ba−y+2b | ⋅2b |
⇒
x | = | a−y+2b | |
y | = | −x+a+2b |
Grafische Veranschaulichung
Setze das Ergebnis der Nebenbedingung in die Zielfunktion ein.
A(x) | = | x⋅(−x+a+2b) | |
↓ | Setze A′(x) gleich Null, um ein mögliches Maximum xm zu erhalten. | ||
A(x) | = | −x2+(a+2b)⋅x | |
↓ | mit x∈[b/2;b] | ||
A‘(x) | = | −2x+(a+2b) | |
−2xm+(a+2b) | = | 0 | |
xm | = | 2a+4b |
Zwischenstand der alternativen Lösung
Die gesuchte Ersatzscheibe mit maximalem Flächeninhalt ist ein Rechteck mit den Seitenlängen xLE und yLE.
Dabei muss x eine Zahl aus dem Intervall [b/2;b] sein, damit der erzeugende Punkt P auf der Strecke [S1S2] liegt.
Durch die Nebenbedingung aus dem Strahlensatz ergibt sich mit A(x)=−x2+(a+2b)x eine nach unten geöffnete Parabel und xm=2a+4b liefert ein lokales Maximum für die Rechtecksfläche - aber nur dann, wenn xm im Intervall [b/2;b] liegt.
Da gilt: a>b, ist jedenfalls
xm=2a+4b>3b+4b>2b.
xm ist aber nicht für jedes Zahlenpaar a und b kleiner als b, da gilt:
2a+4b | ≤ | b | ⋅4 |
2a+b | ≤ | 4b | |
a | = | 23b |
Fallunterscheidung
Fall 1:b<a≤23b"a ist nicht zu groß"⇒xm∈[2b;b]
Fall 2: a>23b"a beliebig groß"⇒xm∈/[2b;b]
Fall 1: b<a≤23b
xm liefert lokales Maximum mit
ym=−2a−4b+a+2b
ym=2a+4b
Setze xm in die Nebenbedingung ein, um ym zu bekommen. Setze beide Werte in A(xm;ym) ein , um die maximale Fläche zu berechnen.
Das maximale Rechteck ist demnach ein Quadrat mit der Seitenlänge 2a+4b.
Für die Fläche gilt:Amax=(2a+4b)2
Fall 2:
a>23b⇒xm>b⇒xm∈/[2b;b]
Damit liegt der Scheitelpunkt der Parabel A(x) rechts vom Intervall [2b;b] und A(x) nimmt in diesem Intervall streng monoton zu.
Die größte Fläche wird demnach - als Randextremum - angenommen, wenn der erzeugende Punkt P mit dem rechten Randpunkt S2 zusammenfällt. Also für xm=b.
Damit gilt für die Seitenlängen des gesuchten maximalen Rechtecks x=b und y=a−2b.
Die maximale Fläche ist:
Amax=b⋅(a−2b)
Die beiden folgenden Grafiken veranschaulichen die alternative Lösung der Aufgabe.