1. Ein Getränkehersteller führt eine Werbeaktion durch, um die Verkaufszahlen seiner Saftschorlen zu erhöhen. Bei 100000 der für die Werbeaktion produzierten zwei Millionen Flaschen wird auf der Innenseite des Verschlusses eine Marke für einen Geldgewinn angebracht. Von den Gewinnmarken sind 12000 jeweils 5 € wert, der Rest ist jeweils 1 € wert. Alle Flaschen der Werbeaktion werden zufällig auf Kästen verteilt. Im Folgenden werden nur Flaschen aus der Werbeaktion betrachtet.
Es wird eine Flasche geöffnet. Betrachtet werden folgende Ereignisse:
A: „Der Verschluss enthält eine Gewinnmarke.“
B: „Der Verschluss enthält eine Gewinnmarke im Wert von 1 €.“
a) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeiten P(A) und P(B).
b) Es werden mehrere Flaschen geöffnet und für jede dieser Flaschen wird festgestellt, ob das Ereignis A eintritt. Begründen Sie, dass dieses Zufallsexperiment näherungsweise durch eine Bernoullikette beschrieben werden kann.
Im Folgenden gilt beim Öffnen einer Flasche stets P(A)=0,05 und P(B)=0,044.
c) Es werden nacheinander zehn Flaschen geöffnet. Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich erstmals in der fünften Flasche eine Gewinnmarke befindet. (2 BE)
d) Bestimmen Sie unter Zuhilfenahme des Tafelwerks, wie viele Flaschen man mindestens öffnen muss, um mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 5 % mindestens zwei Gewinnmarken zu finden. (4 BE)
e) Berechnen Sie den Gesamtwert der Gewinnmarken, die Kunden beim Öffnen der 20 Flaschen eines Kastens im Mittel in den Verschlüssen finden. (3 BE)
Nachdem die zwei Millionen Flaschen verkauft sind, wird die Werbeaktion fortgesetzt. Der Getränkehersteller verspricht, dass weiterhin jede 20. Flasche eine Gewinnmarke enthält. Aufgrund von Kundenäußerungen vermutet der Filialleiter eines Getränkemarkts jedoch, dass der Anteil der Saftschorle-Flaschen mit einer Gewinnmarke im Verschluss nun geringer als 0,05 ist, und beschwert sich beim Getränkehersteller.
2. Der Getränkehersteller bietet ihm an, anhand von 200 zufällig ausgewählten Flaschen einen Signifikanztest für die Nullhypothese „Die Wahrscheinlichkeit dafür, in einer Flasche eine Gewinnmarke zu finden, beträgt mindestens 0,05.“ auf einem Signifikanzniveau von 1 % durchzuführen. Für den Fall, dass das Ergebnis des Tests im Ablehnungsbereich der Nullhypothese liegt, verspricht der Getränkehersteller, seine Abfüllanlage zu überprüfen und die Kosten für eine Sonderwerbeaktion des Getränkemarkts zu übernehmen.
Ermitteln Sie den Ablehnungsbereich der Nullhypothese und bestimmen Sie anschließend unter der Annahme, dass im Mittel nur 3 % der Saftschorle-Flaschen eine Gewinnmarke enthalten, die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Getränkemarkt nicht in den Genuss einer kostenlosen Sonderwerbeaktion kommt. (7 BE)
Du liest aus dem Text, dass es insgesamt 2000000 Flaschen gibt. Davon sind 100000 Flaschen mit Gewinnmarke.
Es folgt für die Wahrscheinlichkeit von Ereignis A:
Weiter liest man im Text, dass es 12000 Gewinnmarken im Wert von 5 € gibt. Der Rest sind Gewinnmarken mit dem Wert 1 €. Also: 100000−12000=88000
Es folgt für die Wahrscheinlichkeit von Ereignis B:
Lösung zu Teilaufgabe b)
Im Urnenmodell betrachtet ist das vorliegende Zufallsexperiment der Fall "Ziehen ohne Zurücklegen". Eine Flasche wird aus der "Urne" gezogen, deren "Farbe" geprüft und anschließend nicht zurückgelegt.
Nun musst du begründen, warum man in diesem Fall das Zufallsexperiment auch als "Ziehen mit Zurücklegen" betrachten kann.
Beim "Ziehen ohne Zurücklegen" ändert sich im Gegensatz zum "Ziehen mit Zurücklegen" die Wahrscheinlichkeit von Ereignis A bei jeder Ziehung. Allerdings bleibt hier die Wahrscheinlichkeit von Ereignis A selbst nach mehreren Ziehungen näherungsweise konstant.
Um das zu sehen, betrachtest du zum Beispiel 20 gezogene und mit Gewinnkorken versehene Flaschen. Das ist der schlimmst mögliche Fall, der eintreten kann und die Wahrscheinlichkeit von Ereignis A maximal ändert.
Du berechnest nun das Ereignis A für eine 21. Flasche.
Es folgt: P(A) ist bei kleiner Anzahl gezogener Flaschen konstant. Das Zufallsexperiment kann auch als "Ziehen mit Zurücklegen" betrachtet werden, deren Wahrscheinlichkeitsfunktion eine Bernoullikette ist.
Lösung zu Teilaufgabe c)
Zunächst stellst du aus den vorherigen Aufgaben fest, dass du das Zufallsexperiment als "Ziehen mit Zurücklegen" betrachten kannst. Die Wahrscheinlichkeit von Ereignis A nimmst du daher als konstant an.
Betrachte nun das Ereignis:
C: Die ersten 4 Flaschen sind ohne Gewinnmarke, die 5. Flasche mit.
Ereignis C kann als Produkt der Ereignisse A und dessen Gegenereignis A geschrieben werden.
Es gilt:
Lösung zu Teilaufgabe d)
Als Erstes musst du dir eine Zufallsgröße definieren. Betrachte:
X: Anzahl der Gewinnmarken unter n Flaschen.
Für jedesn gilt: Die Zufallsgröße X ist binomialverteilt mit der von n-abhängigen Wahrscheinlichkeitsfunktion B(n;0,05). Das folgt aus Teilaufgabe b).
Nun möchtest du wissen, wie groß n mindestens sein muss, damit gilt:
Als Nächstes nutzt du aus, dass P(X≥2)=1−P(X≤1) ist. Dann folgt:
Da die Zufallsgröße X binomialverteilt ist, folgt weiter:
(0n)⋅0,050⋅0,95n+(1n)⋅0,051⋅0,95n−1<0,95
Jetzt kommt das Tafelwerk zum Einsatz. Dort siehst du unter Binomialverteilung zur Wahrscheinlichkeit p=0,05 nach und suchst den passenden Wert für n. Alternativ kann man auch verschiedene Werte für n einsetzen und schauen, wann die Gleichung erstmals erfüllt wird.
Mit beiden Methoden folgt: n≥8.
Lösung zu Teilaufgabe e)
Dieser Aufgabenteil fragt nach dem Mittel des Gesamtwertes der Marken bei 20 Flaschen. "Im Mittel" gibt dir das Stichwort Erwartungswert.
Aus diesem Grund musst du eine Zufallsvariable definieren, dessen Erwartungswert du bestimmen sollst. Diese Zufallsvariable soll den Geldgewinn durch Gewinnmarken angeben:
Y: Geldgewinn durch Gewinnmarken bei 20 Flaschen
Dies gestaltet sich als relativ schwierig. Du solltest deshalb für jede gezogene Flasche i(1≤i≤20) eine weitere Zufallsgröße definieren:
Yi: Geldgewinn durch Gewinnmarke bei Flasche i.
Nach Annahme gilt für allei Flaschen:
Die Zufallsgröße nimmt mit Wahrscheinlichkeit 0,95 den Wert 0 (die Flasche enthält keine Gewinnmarke),
mit Wahrscheinlichkeit 0,044 den Wert 1 (die Flasche enthält eine Gewinnmarke im Wert von 1 €) und
mit Wahrscheinlichkeit 0,05−0,044=0,006 den Wert 5 (die Flasche enthält eine Gewinnmarke im Wert von 5 €) an.
Du schreibst dir das am besten in eine übersichtliche Tabelle:
Yi
0
1
5
0,95
0,044
0,006
Nun berechnest du für ein beliebiges Yi den Erwartungswert mittels der Formel aus der Merkhilfe.
Es gilt:
Du möchtest jetzt aber wissen, wie groß der Erwartungswert von Y ist. Da alle Yi den gleichen Erwartungswert haben, multiplizierst du dazu den Erwartungswert E(Yi) mit 20.
Antwort: Im Durchschnitt erhältst du bei 20 Flaschen einen Gesamtwert der Gewinnmarken von 1,48 €.
Lösung zu Teilaufgabe 2)
Die Aufgabe besteht aus zwei Teilen. Im ersten musst du den Ablehnungsbereich der Nullhypothese zum Signifikanzniveau 0,01 herausfinden. Im zweiten Teil sollst du den Fehler 2. Art bestimmen, für den Fall, dass die Nullhypothese irrtümlich angenommen wird.
Ablehnungsbereich herausfinden
Zunächst definierst du dir die Zufallsgröße Z aus der Aufgabenstellung:
Z: Anzahl von Gewinnmarken unter 200 Flaschen
Die Zufallsgröße Z ist laut dem Getränkehersteller binomialverteilt, mit dem Parameter p≥0,05 (Stichwort: Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnmarke beträgt mindestens0,05). Die Nullhypothese lautet deshalb:
H0:p≥0,05
Beachte: Um den Fehler 1. Art (das Signifikanzniveau) sicher einzuhalten, wählt man implizit im Folgenden H0:p=0,05.
Es soll gelten, dass die B(200;0,05)-verteilte Zufallsgröße Z mit höchstens der Wahrscheinlichkeit von 0,01 im Ablehnungsbereich A={0;…;a} liegt. Den Wert von a musst du herausfinden. Diese Bedingung lautet mathematisch ausgedrückt:
Nun weißt du, dass Z nach der Nullhypothese B(200;0,05) verteilt ist. Es folgt also:
Mithilfe des Tafelwerks findest du heraus, dass a=3 ist. Der Ablehnungsbereich lautet also A={0;1;2;3}.
Fehler 2. Art berechnen
Du liest nun aus der Aufgabenstellung, dass Z nicht wie oben angenommen B(200;0,05) verteilt ist, sondern tatsächlich B(200;0,03). Du möchtest jetzt wissen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Nullhypothese von oben trotzdem angenommen wird. Es folgt:
Den letzten Schritt erhältst du wieder mittels des Tafelwerkes.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Getränkemarkt nicht in den Genuss einer kostenlosen Werbeaktion kommt, beträgt also ungefähr 85 Prozent.